Prinz Volker ohne Schwert

Darüber, dass die Bremer Kulturverwaltung reformbedürftig ist, herrscht landesweit Konsens: Jetzt soll Volker Plagemann Gestrüpp und Kompetenzgerangel beseitigen – bar aller Exekutivvollmacht und allein durch seinen guten Rat

Es war einmal: Die Bremer Kulturbehörde. Tief, tief drinnen im Herzen ihrer Mitarbeiter – denn Kulturverwalter sind immer Idealisten – schlummerte der Wunsch, den Musen zu dienen. Aber drum herum hatte sich im Laufe vieler vieler Jahre ein gar furchterregendes Panorama aufgetan: ein Dickicht aus Paragrafen und Dienstvereinbarungen, gemeingefährliche Schlammlöcher, Siele der Schuldzuweisung und rankende und verknotete Kompetenzen, die sich als böse Fußangeln erweisen können. Und noch immer hatte sich kein Prinz gefunden, der das reformbedürftige Gestrüpp durchteilt hätte.

Aber jetzt: Volker Plagemann heißt er. Zugegeben, er ist nicht mehr ganz jung. Aber dafürkennt der habilitierte Kunsthistoriker die Kulturverwaltung im Allgemeinen und auch die Bremer Behörde sehr genau: „Einige der Mitarbeiter“, sagt Plagemann, „habe ich selbst noch eingestellt.“

Von 1973 bis 1979 nämlich war er deren Leiter, bevor er ihr Hamburger Pendant „selbst mit aufgebaut“ hat. Seit 2003 ist er im Ruhestand. Und seit Freitag wiederum ist er für Kultursenator Hartmut Perschau (CDU) tätig – beratend.

Es sei „keine Stelle, sondern ein Auftrag“, stellt Plagemann klar. Auch sei er „weder McKinsey noch Roland Berger“. Er werde zunächst vor allem „den Betroffenen zuhören, und rekapitulieren, was in Bremen über Jahrzehnte abgelaufen sei“. Die Wege „in einer solchen Behörde“ könne „nur jemand begradigen, der Kulturverwaltung von innen kennt“.

Aber warum setzt der Kultursenator dann auf den Re-Import? „So ganz“, kommentiert die kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Helga Trüpel, „sehe ich noch nicht, warum Perschau dafür jemanden von außen braucht.“ Zweifel an Plagemanns Kompetenz hege sie aber nicht. Ebenso begrüßt die Sprecherin der Kulturdeputation, Carmen Emigholz (SPD), die Entscheidung für die Person des ehemaligen Hamburger Senatsdirektors. Zugleich wertet sie dessen Verpflichtung als „deutliches Zeichen für das Scheitern der bisher Zuständigen“. Ob die wohl gefragt wurden? Helge Rehders, Sprecher des Kultursenators, wischt alle Zweifel vom Tisch: Nein, der Auftrag an Plagemann sei keine einsame Entscheidung des Senators gewesen. Also war die Benennung mit der Verwaltungsspitze abgestimmt? „Selbstverständlich“, sagt Rehders, „war das abgestimmt.“ Auch sei die neue Aufgabe klar definiert: „Noch in diesem Quartal“ solle Plagemann „einen Bericht vorlegen“. Der werde als „Beitrag zur Reorganisation…“ – der Sprecher sucht ein Verb. Abgeheftet? „Na das wollen wir nicht hoffen.“ Allerdings habe es tatsächlich „in der Vergangenheit Konzepte gegeben“, die „nicht umgesetzt wurden“. Warum? Das wisse er nicht.

Aber Kulturstaatsrätin Elisabeth Motschmann (CDU). So habe es immer wieder unterschiedliche Auffassungen in der Frage des Kulturamtes gegeben und Einigungsstellen und problematische Schnittstellen. Und Paragrafen und Dienstvereinbarungen, rankende und gar verknotete Kompetenzen. „Das ist im Tagesgeschäft – und es gibt weiß Gott viel zu tun – nicht so einfach zu bewältigen.“ Plagemann also wird dieses Gestrüpp nun durchteilen. Beratend und ganz ohne Schwert: „Er hat keine Exekutivrechte“, stellt Motschmann klar. „Das Konzept erarbeitet das Ressort selber.“ Und dann kam der schmucke Prinz, und der blühende Haag öffnete sich vor ihm. Und alle lebten glücklich und in Frieden bis 2010.

Benno Schirrmeister