Kein Einsichtspotenzial bei der CDU?

Ungetrübt von Schuldbewusstsein stellte die CDU-Fraktion im Rundfunkrat eine Programmbeschwerde: Der bubi-Beitrag über eine libanesische Familie „am Pranger“ sei falsch recherchiert und habe mit der CDU nichts zu tun. Dafür gab es eine Abfuhr

bremen taz ■ In Anrufen und Briefen hatten sich Unbekannte Ende Oktober vergangenen Jahres bei Radio Bremen Luft gemacht – nachdem „buten un binnen“-Autor Olaf Kretschmer kritisch über eine Rufmord-Kampagne der Bildzeitung gegen die libanesisch-türkische Familie B. berichtet hatte. Auch bei der CDU-Fraktion war der Fünfminüter „Rufmord an Asylbewerbern“ schlecht angekommen. Sie beschwerte sich beim Rundfunkrat – der Fernsehausschuss des Rundfunkrates aber lehnte die Beschwerde jetzt ab. Das Kapitel „Hetzkampagne“ kann geschlossen werden.

Insbesondere war den Christdemokraten aufgestoßen, dass ein Zusammenhang zwischen einer öffentlichen Anfrage der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft und der verzerrten Bild-Berichterstattung über die „Asyl-Abzocker“ durchgeklungen war. Da gebe es keine Verbindung, so die Fraktion. Der Frager und Abgeordnete Rolf Herderhorst habe nur seine Aufgaben als Parlamentarier wahrgenommen, nachdem ihm über die Flüchtlinge Kritik aus der Nachbarschaft zugetragen worden war. So die CDU-Sicht – die nun mit dem deutlichen Votum von zehn ablehnenden gegen zwei zustimmende Voten von CDU-Vertretern den Korb bekam.

Die Beschwerdeführer hatten zuvor weit ausgeholt und moniert, „dass der Berichterstattung keine objektive Recherche und Tatsachenbehauptung zu Grunde liegt. Dementsprechend werden falsche Aussagen getroffen.“ Doch auch nach fast einstündiger Debatte war der Fernsehausschuss – als Kontrollinstanz zur Wahrung des öffentlich-rechtlichen Medienauftrags – davon nicht überzeugt. Das Gremium sprach den Beitrag von den Vorwürfen der subjektiven Recherche und der falschen Tatsachenbehauptung frei.

Sehr wohl wohne der CDU-Politiker Rolf Herderhorst in der Nachbarschaft der Familie – die durch die Bild-Berichterstattung wie von bubi berichtet durchaus „an den Pranger gestellt“ worden sei, so die Abwägungen. Dass dabei die CDU mit ihrer Anfrage den Weg geebnet hatte, mochte offenbar niemand ausschließen, zumal in der vom Radio öffentlich übertragenen Bürgerschaftssitzung die kurze bürgerliche Straße „Morgengärten“ als Adresse der Asylbewerber-Familie genannt worden war – bevor deren finanzielle Verhältnisse zur Sprache kamen. Auch der SPD-Politiker Hermann Kleen hatte damals sowohl in der „tendenziösen Parlamentsdebatte“ als auch in der Anfrage durchaus Andeutungen gesehen, „die der Nährboden für solche Berichte“ der Bildzeitung sein könnten.“

So auch bubi-Autor Olaf Kretschmer, der sich durch die Entscheidung des Fernsehausschusses nicht nur entlastet sieht. Er sagt auch: „Ich hatte bei der CDU ein anderes Einsichtspotenzial erwartet. Dass man dort die Folgen der Anfrage für die Familie nicht bedauert hat, hat mich sehr nachdenklich gemacht.“ Insofern freue es ihn, dass es nicht gelungen sei, nun auch noch ihn als denjenigen „aufzuspießen“, der als Autor über diese ungute Entwicklung kritisch berichtet hatte. ede