Krebspatienten
: Virtuelles Krankenblatt

Vernetzen statt Warten

Wird hier der gläserne Patient Realität? Oder werden Doppelbehandlungen effektiv vermieden? Ob sich die erhofften Vorteile des neuen Gesundheitsnetzwerkes „iBON“, das Gesundheitssenatorin Karin Röpke (SPD) gestern vorstellte, bewahrheiten – das soll in zwei Jahren klar sein. Auf diese Zeit ist das bundesweit einmalige Modellprojekt angelegt. Hinter „iBON“ verbirgt sich das „integrative Bremer Onko-Hämatologie Netzwerk“, das die bessere Abstimmung in der Behandlung von KrebspatientInnen zum Ziel hat.

In dem Projekt sollen alle an der Behandlung beteiligten Ärzte und Institutionen per Computer miteinander vernetzt werden: Über einen zentralen Server ist die virtuelle PatientInnenakte für Hausarzt, Onkologe, Röntgenarzt, Chirurg oder Laborarzt greifbar. Hier geben sie ihre Diagnose, Behandlungsschritte, Daten oder Medikamentierungen ein, so dass die KollegInnen nicht mehr wochenlang auf Arztbriefe warten müssen.

Herbert Rasche, Direktor des Zentrums für Innere Medizin am Zentralkrankenhaus St.Jürgen erhofft sich von dem Projekt die Vermeidung von Doppeluntersuchungen, die bislang wegen mangelnden Informationsflusses immer wieder stattfinden. Außerdem verspricht er sich die Verkürzung von Wartezeiten, weil alle notwendigen Informationen sofort abrufbar sein sollen. „Wartezeiten bedeuten für die Patienten eine große emotionale Belastung“, sagt Rasche. Das bestätigt Marie Rösler von der Bremer Krebsgesellschaft: „Aus meiner Beratungsarbeit weiß ich, dass viele Patienten das als Problem empfinden, wenn die Arztbriefe so lange brauchen, weil man dann nicht weiß, wie es mit einem weitergeht.“ Sie sehe in dem Projekt auf jeden Fall einen Fortschritt für die Betroffenen. Das System könne Ärzte von Büroarbeiten entlasten, so dass die sich in der gewonnen Zeit wieder ihren PatientInnen widmen könnten, hofft Herbert Rasche.

Für den Datenschutz sei gesorgt, versichern die Softwareentwickler von der Telekom-Tochter T-Systems: Zunächst müsse jede PatientIn grundsätzlich ihre Einwilligung geben, dass eine behandelnde Ärztin überhaupt eine solche virtuelle Akte anlegen dürfe. Die darin abgelegten Daten seien zusätzlich kodiert: Die PatientIn muss jedem Arzt den Zugang zu ihrer Akte ermöglichen, andernfalls nützt ihm sein Schlüssel gar nichts. Die Beraterin Rösler, die bei der Konzeptionierung des Bremer Krebsregisters beteiligt war, vertraut den involvierten Datenschützern, dass sie die hochsensiblen PatientInnendaten so sicher wie möglich machen.

In der Erprobungsphase beteiligen sich das ZKH St.Jürgen und sieben niedergelassene Ärzte an dem Modellversuch. Am Ende des ersten Jahres soll die notwendige Software so weit entwickelt sein, dass die ersten Signaturkarten, die „Schlüssel“ zu den Akten, an Ärzte und PatientInnen ausgegeben werden können. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 848.000 Euro, die zur Hälfte das Bremer Gesundheitsressort und zur Hälfte die Telekom tragen. ube