Das macht dann 40 Euro!

Unter dem Motto „Risiko!“ schickt die S-Bahn in dieser Woche verstärkt Kontrolleure in ihre Züge. Bei der Kampagne soll es gezielt den Mehrfachtätern unter den Schwarzfahrern an den Kragen gehen

von LUCIA JAY

Im ersten Wagen ist es sicher. Da wird nie kontrolliert. Und wenn doch, dann einfach auf Englisch oder Spanisch drauflosreden und so tun, als hätte man seine Reisegruppe verloren. Kontrolettis sprechen fast nie Fremdsprachen. Oder einfach wegrennen. Oder … Die Liste der Tricks ist lang.

Aber nicht lang genug für die erfahrenen Kontrolleure in den S-Bahnen. „Halten Sie ein bis zwei gute Ausreden bereit“, ist einer von zehn Tipps der Berliner S-Bahn GmbH im Rahmen ihrer Aktionswoche gegen Schwarzfahrer. Die Unterzeile zu besagtem Tipp: „Schwerer Punkt, wir kennen nämlich schon alle.“

Die S-Bahn hat mit Schwarzfahrern ein zunehmendes Problem. Im ersten Quartal dieses Jahres sind laut einer eigenen Studie 25 Prozent mehr Passagiere ohne Ticket unterwegs als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Und das, obwohl der Preis fürs Schwarzfahren als Abschreckungsmaßnahme Anfang 2003 von 30 auf 40 Euro erhöht worden ist. Elf Millionen fahrscheinlose S-Bahn-Fahrer im Jahr hoffen darauf, den Kontrolleuren durch die Lappen zu gehen, so die Studie. Die Aktionswoche „Risiko!“ soll den Schwarzfahrern, vor allem den so genannten Mehrfachtätern, das Handwerk legen. Es gehe schließlich um satte acht Millionen Euro, die an Fahrgeldeinnahmen verloren gingen, so Wilfried Kramer, Marketingchef der S-Bahn GmbH.

Mit ironischem Unterton weisen die Plakate der Aktionswoche auf die Gefahren des Schwarzfahrens hin: „Das Fahren ‚ohne‘ bei Herz- und Kreislaufproblemen, an heißen Tagen oder bei Angstzuständen ist nicht zu empfehlen.“ Die Kampagne sieht erhöhte Kontrollen in der Aktionswoche vor und macht die Fahrgäste mit Durchsagen auf den Bahnhöfen und Hinweisen in der Presse auf die gestellten Fallen aufmerksam. „Alle Zeiten und Strecken können wir aber nicht verraten. Kontrollen gibt es rund um die Uhr und auf allen Strecken“, prophezeit Wilfried Kramer.

Die über ein Jahr lang gesammelten Daten der durchgeführten Kontrollen ergeben ein klares Profil des notorischen Schwarzfahrers und seiner Gewohnheiten. Laut Statistik sind 68 Prozent der Ertappten männlich, und immerhin befanden sich 11 Prozent Minderjährige unter den Fahrgästen ohne Fahrschein. Aus allen Untersuchungen ergibt sich folgendes Bild: Der typische Schwarzfahrer ist zwischen 20 und 25 Jahre alt, betritt als Langschläfer selten vor 14 Uhr die Bahn und fährt am liebsten die Außenstrecken. Er meidet das Zentrum. Seine beliebteste Linie war im ersten Quartal dieses Jahres die S 7. Hier verbuchten S-Bahn-eigene und angestellte Kontrolettis 17.738 Erfolge. Die S 1 scheint vor allem brav zahlende Zehlendorfer in die Stadtmitte zu befördern, hier gibt es mit 6.285 weit weniger Schwarzfahrer. 110 Kontrolleure in Zivil und 120 Sicherheitskräfte richten die Kontrollen in der nächsten Woche gezielt nach diesen Daten.

Die erhobenen Daten der Schwarzfahrer werden mit Abstimmung des Berliner Datenschutzes ein Jahr lang gespeichert. Soziale Komponenten werden in die Erhebungen nicht mit aufgenommen. „Schwarzfahrer ist bei uns Schwarzfahrer“, betont Kramer.

Wer also als alter Hase unter den Schwarzfahrern, um die 20 Jahre alt, zwischen 16 Uhr und 22 Uhr unterwegs ist und sich auf den Außenstrecken der Ringbahn vollkommen in Sicherheit wähnt, sei hiermit gewarnt. Denn Kontrolleure haben auch ihre Tricks. Sie steigen als Pärchen ein, fahren einige Stationen mit und erheben sich erst dann mit den gefürchteten Worten: „Guten Tag, die Fahrausweise mal bitte.“ Und das sei nur einer von vielen, so das „Risiko!“-Team der S-Bahn GmbH.