Tödlicher Bombenanschlag im Irak

In der Kleinstadt Alexandria werden mindestens 45 Iraker durch eine Autobombe getötet und mindestens 50 verletzt. Hintergrund der Tat könnten Pläne von al-Qaida sein, durch Anschläge auf Schiiten einen irakischen Bürgerkrieg zu entfachen

VON KARIM EL-GAWHARY

Alles lief nach dem üblichen Muster. Ein mit Sprengstoff vollgepacktes Auto wurde unweit einer Polizeistation in der irakischen Kleinstadt Alexandria, 40 Kilometer südlich von Bagdad, abgestellt und kurz darauf gezündet. Die Fassade der Polizeistation und Teile des benachbarte Rathauses wurden dabei zerstört. Mindestens 45 Iraker kamen dabei ums Leben, mindestens 50 wurden verletzt. Nach Polizeiangaben waren die meisten Opfer Zivilisten.

Viele von ihnen hatten zum Zeitpunkt des Anschlags vor der Polizeiwache angestanden, um ihre Bewerbung für den Polizeidienst abzugeben. Die Wucht der Explosion riss 25 Meter von der Polizeistation entfernt einen tiefen Krater. Über ein Dutzend Fahrzeuge wurden total zerstört.

Kurz nach der Explosion um 9.30 Uhr wurde die Stadt von amerikanischen und polnischen Truppen abgeriegelt. Diese hatten jedoch große Probleme, die Menschen zu beruhigen. Die Menge, die sich am Explosionsort versammelt hatte, machte aus ihren antiamerikanischen Gefühlen keinen Hehl.

Seit dem Aufbau der neuen Polizei sind die irakischen Rechtshüter zum bevorzugten Anschlagsziel geworden. Immer wieder geraten sie unter dem Vorwurf, „Kollaborateure der Besatzung“ zu sein, in die Schusslinie. Während die meisten Iraker derartige Attacken vehement ablehnen, sieht ein Teil der irakischen Guerilla die Polizisten, wie es der irakische Politologe Wamid Nathmis ausdrückt, „als Schutzschild für die US-Besatzer und damit als legitimes Ziel“. Immer wieder ist auch der Vorwurf zu hören, die irakische Polizei sei zu sehr damit beschäftigt, die Besatzungstruppen zu sichern.

Der gestrige Anschlag könnte auch einen anderen Hintergrund haben. Alexandria ist weitgehend von Schiiten bewohnt. Am Sonntag hatte die New York Times Auszüge aus einem angeblichen Strategiepapier al-Qaidas im Irak veröffentlicht. In dem Papier ist die Rede davon, dass das Netzwerk vermehrt Anschläge auf Schiiten plant, um einen irakischen Bürgerkrieg zu schüren. Das Dokument soll Abu Musab al-Zarqawi verfasst haben, ein Jordanier, den der US-Geheimdienst als führendes Al-Qaida-Mitglied im Irak ansieht.

Die Existenz des Dokuments hatte am Montag ein US-Militärsprecher in Bagdad bestätigt. „Sie wollen einen Bürgerkrieg auslösen und die Gesellschaft spalten“, erklärte Brigadegeneral Mark Kimmitt. Eine unabhängige Bestätigung der Echtheit des Schreibens gibt es noch nicht.

Kurz vor dem Anschlag hatte ein irakischer Polizeichef angekündigt, einen Sicherheitsgürtel um Bagdad und andere große Städte zu ziehen. Das Innenministerium wolle dies in Kürze durchsetzen, jedoch mangle es noch an Kommunikationsgerät.