„Ich lehne dieses Bauprojekt ab“

NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) erklärt, warum sie mit den Plänen der Stadt Köln, im Mülheimer Hochwassergebiet einen Wohnkomplex zu genehmigen, absolut nicht einverstanden ist

INTERVIEW Sebastian Sedlmayr

taz: Frau Höhn, heute entscheidet der Kölner Rat über das Bauprojekt „Wohnen am Strom“ in Mülheim. Welche Bedenken haben Sie bei dem Vorhaben?

Bärbel Höhn: Dieses Projekt hat sicherlich eine sehr negative Signalwirkung. Das Signal wäre: Man kann wieder überall am Wasser bauen. Weil sehr dicht am Wasser gebaut werden soll, droht die Tiefgarage in regelmäßigen Abständen überflutet zu werden. Das führt automatisch zu Problemen. Autos werden unbrauchbar und verunreinigen das Wasser. Dann werden Schadensersatzansprüche geltend gemacht. Deshalb lehne ich das Projekt ab.

Welche Eingriffsmöglichkeiten haben Sie als Ministerin noch?

Rein rechtlich sind die Entscheidungen schon vor langer Zeit gefallen. Das Gebiet ist nicht als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen. Man könnte die Stadt also juristisch kaum daran hindern, den Bau zuzulassen. Ich habe am Dienstag mit Oberbürgermeister Fritz Schramma telefoniert und ihn auf die negativen Folgen für Köln hingewiesen. Man sollte den Konflikt aber nicht hochziehen.

In dem Brief, den der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsgrünen am Dienstag an Schramma geschrieben hat, weist er auf die Gelder hin, die Köln vom Land für Hochwasserschutz bekommen soll. Wie viel ist das?

Das sind von insgesamt 183,5 Millionen Euro Bauvolumen 130 Millionen Euro, mit denen das Land die Stadt unterstützen will.

Sie sagen, man solle die Auseinandersetzung zwischen Land und Stadt nicht hochziehen. Heißt das, Köln bekommt nicht weniger Geld, wenn es das Projekt verwirklicht?

Das heißt, dass ich dem Oberbürgermeister nicht drohen möchte, sondern dass wir versuchen sollten, gemeinsam eine Lösung zu finden.

Hat Herr Schramma irgendwelche Zusagen gemacht?

Ich hatte nicht erwartet, dass er sofort Änderungen zusagt. Er wollte vor der Ratssitzung noch Gespräche führen. Wir werden sehen, was dabei herauskommt. Es war jedenfalls ein sehr konstruktives Gespräch.

Wie beurteilen Sie das Hochwasserschutzkonzept von Köln?

Wir bestehen darauf, dass es einen ausreichenden Schutz gibt. Hochwasserschutzmaßnahmen können auch eine Einschränkung für die Stadt bedeuten. Der Fluss kann oft nicht mehr so erlebt werden, wie viele Leute das gerne möchten.

Wird das Hochwasserschutzgesetz, das zurzeit im Bundesumweltministerium erarbeitet wird, auch laufende Bauprojekte tangieren?

Wo rechtsverbindliche Zusagen gemacht worden sind, wird es keine Konsequenzen mehr haben.

Sie sind vor einigen Jahren schon mal an der Renitenz in Köln gescheitert, als Sie den Bau der Müllverbrennungsanlage aufhalten wollten. Sehen Sie dazu heute Parallelen?

Das sind zwei völlig unterschiedliche Projekte. Bei der Müllverbrennungsanlage bin ich nicht an der Renitenz der Kölner, sondern am Bundesimissionsgesetz gescheitert. Der Bau dieser Anlage hat dem Land, den Bürgern, der Gebührenentwicklung geschadet und hatte landesweite Auswirkungen – in Richtung Privatisierung des Abfallbereichs. „Wohnen am Strom“ ist ein ärgerliches Projekt, aber in der Dimension überhaupt nicht mit der Verbrennungsanlage vergleichbar.

Wird das Projekt nicht voraussichtlich auch schädliche Auswirkungen auf die Menschen rheinabwärts haben, wenn weiteres Überschwemmungsgebiet verloren geht?

Es wäre eindeutig ein Negativsignal.