Einschnitte zementiert

Senator vereinbart Reformplan mit Hochschulen. Diese verpflichten sich trotz massiver Nachfrage zu Studienplatzabbau. Uni-Senat will „bedarfsgerechte Finanzierung“

Wenige Wochen vor der Neuwahl zementiert Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) seine umstrittene Hochschulreform: Die Wissenschaftsbehörde und Hamburgs sechs staatliche Hochschulen haben jetzt in so genannten Ziel- und Leistungsvereinbarungen 2004 (ZLV) Verfahrensschritte für die Neuordnung vereinbart. Darin verpflichten sich die Lehrstätten, die vom Rechts-Senat geforderte Zahl an Studienplätzen in vollem Umfang abzubauen. Zu den wichtigsten Vereinbarungen gehört auch die flächendeckende Einführung der Bachelor-Master-Studiengänge. Mit Abschluss der ZLV, zeigte sich Dräger zufrieden, „ist die Strukturreform in den Hochschulen fest verankert“.

Diese sollen das Bachelor-Master-System, welches das Studium zweiteilt, bis 2009 flächendeckend etablieren. Hamburgs größte Hochschule, die Uni, verpflichtet sich, bis zum Wintersemester zehn bis 30 Prozent und zwei Jahre später mindestens die Hälfte ihrer Studiengänge umgestellt zu haben. Ausgenommen sind Staatsexamens-Studiengänge etwa zur Lehrerausbildung. Für deren Regelung wartet die Behörde eine Richtlinie der Kultusministerkonferenz ab.

Auch die Zahl der Studienanfänger ist in den ZLV festgeschrieben. Die Lehrstätten avisieren demnach, zusammen 1.750 Anfängerplätze bis 2009 zu streichen. Behörde und Hochschulen verpflichten sich aber, 2006 die Zahl zu überprüfen. Mit 410 Plätzen den größten Abbau gibt es in der Sektion für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, zu der Uni-Fachbereiche und die Universität für Wirtschaft und Politik fusionieren sollen.

Prozentual gesehen werden in Jura mit 45 Prozent die meisten Plätze abgebaut. Massiv trifft es auch die Psychologie (38 Prozent), die Sektion Kunst der HfBK (34 Prozent), die Architektur (32 Prozent), die Geistes-, Kultur- und Sprachwissenschaften (25 Prozent) sowie die Lebens- und Sozialwissenschaften und den Bereich Gestaltung und Medien der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (je 22 Prozent).

Die Nachfrage verlangt indes das Gegenteil: Zum vergangenen Wintersemester bewarben sich allein an der Uni rund 17.800 Abiturienten auf etwa 5.000 Anfängerplätze. Die derzeitigen studentischen Proteste verlangen darum „bedarfsdeckende Hochschulfinanzierung“. Unterstützung bekamen die Protestler jetzt vom Akademischen Senat der Uni. In einer Stellungnahme zur Bürgerschaftswahl fordert auch das höchste Selbstverwaltungsgremium, die Hochschulen „bedarfsgerecht öffentlich zu finanzieren“ und „die Vielfalt von Fächern und Studienangeboten“ zu erhalten. Mit dem Argument, der Trend gehe zu weiterer Akademisierung vieler Berufe, hatte sich kürzlich auch der neue Vorsitzende des Uni-Hochschulrats, Jürgen Timm, gegen den Abbau von Studienplätzen ausgesprochen. EVA WEIKERT