Her mit dem Schwenkodrom!

Beim Poker um den Kauf des Tempodroms bietet Konzertveranstalter Peter Schwenkow mit. Und zwar als „Best Bidder“. Im Tempodrom ist man darüber entsetzt. Zugleich haben CDU und FDP jetzt den Untersuchungsausschuss im Landtag beantragt

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Der Entertainment- und Konzertveranstalter Peter Schwenkow greift nach dem Neuen Tempodrom am Anhalter Bahnhof. Nach Informationen der taz hat der Pächter des Wintergarten-Revuetheaters Freimuth für das vom Land zum Verkauf angebotene Kulturzelt ein Angebot abgegeben. Betreiben soll es aber der einstige Gründer des Wintergartens, Peter Schwenkow. Wie die taz aus Senatskreisen am Mittwoch weiter erfahren hat, soll das Freimuth-Schwenkow-Angebot über der Summe des zweiten relevanten Bieters Dieter Böhm liegen. Böhm gehört das Liquidrom, die Salzwassertherme auf der Rückseite des gezackten Neubaus. Tempodrom-Chefin Irene Moessinger – nach der Übernahme der überschuldeten Immobilie 2001 durch das Land nur noch verantwortlich für die Veranstaltungen im Zelt – sieht einem Betrieb Schwenkows mit Sorge entgegen. Moessinger fürchtet das Ende der Tempodrom-Veranstaltungs-GmbH.

Das Land will in den kommenden Wochen das Kulturzelt verkaufen. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat angekündigt, dass die Sanierungsgesellschaft Steinbacher Treuhand in den nächsten Tagen ihr Gutachten über die geplante Veräußerung vorlegen will und die Gespräche mit der Stiftung Neues Tempodrom und den Investoren zum Abschluss gebracht werden könnten. Das Land strebt einen Verkaufspreis von über 2,5 Millionen Euro an.

Die Schlagzeilen beherrschen der Verkauf und das Tempodrom derzeit, weil Bausenator Peter Strieder (SPD) im Verdacht steht, den Neubau über die Maßen hinaus mit öffentlichen Geldern „gesponsert“ und eine 10-Millionen-Euro Landesbürgschaft für das Haus initiiert zu haben. CDU und FDP haben gestern einen Untersuchungsausschuss beantragt – zur „Aufklärung der Hintergründe um die Finanzierung und den Betrieb des Kreuzberger Tempodroms und etwaige in diesem Zusammenhang geleistete Zuwendungen an politische Parteien“, wie es in dem Antrag heißt. Die Opposition wirft Strieder vor, den Senat zu überhöhten und nicht gerechtfertigten Zuschüssen für das Tempodrom gedrängt zu haben. Außerdem ließ der Bausenator eine SPD-Wahlparty von dem Tempodrom-Förderer Roland Specker finanzieren, so die Vorwürfe. Kenner der Szene gehen davon aus, dass bei einem Tempodrom-Betrieb durch Schwenkow das Profil des Kulturzelts und Irene Moessinger selbst auf der Strecke blieben. Obwohl die derzeitige Pächterin einen langfristigen Nutzungsvertrag für das Haus besitzt, könnte Schwenkow sie durch eine höhere Pacht leicht herausdrängen. Moessinger spricht von einer „Katastrophe“, müsste sie den Veranstaltungsbetrieb einstellen. 45 Arbeitsplätze gingen verloren. Außerdem schreibe das Tempodrom derzeit schwarze Zahlen.

Dass Schwenkow ein anderes Tempodrom aufziehen würde, ist evident: Der Entertainment-Riese hatte einst das Revue-Theater Wintergarten aus der Taufe gehoben. Schwenkow übernahm später das geschlossene Schiller-Theater, um es als Musical-Bühne wiederzubeleben. Sein Schiller-Theater-Engagement wurde aber zum Desaster. Als Musical-Bühne funktionierte das Haus nicht, außerdem hatte er weniger Mittel in die Renovierung gesteckt, als vom Land verlangt. Mit hohen Subventionen betreibt Schwenkow noch die Velo-Halle und die Bar Adagio am Potsdamer Platz.

Wie zudem noch zu erfahren war, ist der Verkauf derzeit nicht die einzige Option von Finanzsenator Sarrazin und dem Land. Sollte das Geschäft nicht einigermaßen rentabel über die Bühne gehen, „könnte der Fall eins greifen, nämlich das Tempodrom in Insolvenz gehen zu lassen“, so ein Mitarbeiter des Senats. Zum anderen spiele man in der Stiftung und beim Land mit dem Gedanken, das Haus einstweilen in Landesbesitz zu belassen und es langfristig wieder der einstigen Gründerin Moessinger rückzuübereignen. Sie müsste dann die Entschuldung der Stiftung übernehmen.

Diese Idee ist nicht neu: Die Betreiber hatten schon einmal einen ähnlichen Plan unterbreitet, um das Tempodrom langfristig zu sichern. Die Tempodrom-Veranstaltungs-GmbH, das Liquidrom und der Catering Betrieb Einhorn wollten von der Stiftung alle das Gebäude betreffenden Dienstleistungen übernehmen. Durch Einsparungen in diesem Bereich könne die Stiftung um 600.000 Euro entlastet werden.

Bei einer erfolgreichen Arbeit durch Veranstaltungen könnte per Vertrag der Rückkauf des Hauses anvisiert werden: „Das kann man ja langsam hochfahren“, so der Mitarbeiter – ob durch Zuschüsse oder durch andere zusätzliche Mittel, müsste aber noch geklärt werden.

Irene Moessinger will sich zu solchen Spekulationen nicht äußern. In den kommenden Tagen will sie dagegen eine Bilanz ihrer zweijährigen Arbeit als Veranstalterin des Kulturzelts vorlegen.