REGIERUNG IN KUBA BEGLEICHT ALTE RECHNUNGEN MIT BÜRGERRECHTLERN
: Fidel Castro schlägt zurück

Kuba steht auch in diesem Jahr auf der Agenda der UN-Menschenrechtskommission, die derzeit in Genf tagt. Doch anders als in den vergangenen Jahren liefert die kubanische Regierung der Kommission in diesem Jahr das Material für eine kritische Resolution zur Lage der Menschenrechte gleich frei Haus. Die Prozesse der letzten Woche gegen Menschenrechtler, Journalisten und Dissidenten bezeugen die Verletzung elementarer Menschenrechte in Kuba.

Mit drakonischen Haftstrafen zwischen 12 und 27 Jahren gegen über siebzig Oppositionelle versuchen die Gerichte, kritische Stimmen verstummen zu lassen. Die Repressionswelle kam nach fünf Jahren, in denen Oppositionelle ausspioniert und reglementiert, aber nicht grundsätzlich an ihrer Arbeit gehindert wurden, überraschend. Ihre Existenz auf Kuba schien von der Regierung Castro zumindest toleriert zu sein.

Doch mit dem Vorstoß des Proyecto Varela, das im letzten Jahr versuchte, im Rahmen der kubanischen Verfassung ein Referendum über die Garantie zentraler Bürgerrechte durchzusetzen, war es mit der Toleranz der Regierung in Havanna vorbei. Das Referendum wurde zwar abgebügelt, aber mit den Initiatoren des Proyecto Varela, die die notwendigen 10.000 Unterschriften für das Referendum sammelten, war eine Rechnung offen. Anders ist kaum nachzuvollziehen, dass von rund achtzig bei der landesweiten Razzia Festgenommenen die Hälfte dem Proyecto angehören. Die kubanische Regierung setzt darauf, sich der Bürgerrechtler im Schatten des Irakkrieges entledigen zu können.

Auf Konspiration mit dem Feind und Subversion gegen die nationale Regierung lautete die Anklage. Konspiriert hatten die Angeklagten angeblich mit dem Leiter der US-amerikanischen Interessensvertretung, James Cason. Er lieferte den Vorwand, um die alte Rechnung mit dem Proyecto Varela zu begleichen. Die Urteile sind ein deutliches Signal der Einschüchterung, sowohl an die Opposition als auch an die reformfreundlichen Kräfte in der Regierung. KNUT HENKEL

Der Autor ist freier Journalist in Hamburg