kurzkritik: „Echt Reeperbahn“, NDR Fernsehen
: Echt abgeschmackt

Na gut: Für den Norddeutschen Rundfunk mag es Neuland sein, ein Reality-Format über Hamburgs angeblich weltweit bekannteste Straße in Auftrag zu geben. Schon gleich zu Beginn aber musste sich noch der beiläufigste Gelegenheitszuschauer daran erinnert fühlen: Ob Esso-Tanke oder Penny-Filiale, Laufhaus oder Davidwache – kaum eine vollgekotzte Gehwegplatte, die nicht längst ausgeleuchtet und abgefilmt worden ist von themenhungrigen Privatfernseh-Volontären und einfallslosen Location Scouts.

Die Herausforderung hätte für die öffentlich-rechtlichen Neo-Realisten also darin zu bestehen gehabt, das entscheidende Quäntchen näher ranzukommen an den Kiez und seine Menschen; einen Blick zu werfen hinter die altbekannten Fassaden. Aber ohne Klischees kann es auch der NDR nicht: Da wurde uns der bullige „Inkasso-Henry“ vorgeführt, der mit Reibeisenstimme und frisch gefärbter Gesichtsbehaarung wirkte wie aus dem Katalog für Rotlicht-Statisten, dazu Ex-Tänzerin Sabrina, Currywurstbuden-Betreiberin Simone oder die obligatorische Mutter, die sich fragt, ob der Kiez nun eine gute Umgebung für den Nachwuchs darstellt.

Dazwischen austauschbare Bewegtbilder, wie man sie wahrscheinlich heutzutage fertig geschnitten irgendwo bestellen kann. Aber es kommen ja noch drei Folgen: Vielleicht klappt’s dann ja mit dem Anspruch „Echt Reeperbahn“. ALDI

Dienstags, 21 Uhr, NDR Fernsehen