Eigensinnig und engagiert

Nneka hat schon den Warm-Up für Sean Paul und Patrice bestritten, als noch nicht mal eine CD von ihr zu haben war. Morgen Abend stellt die engagierte Deutsch-Nigerianerin in der Fabrik ihr zweites Album „No Longer at Ease“ vor

Warri und Hamburg heißen die beiden Pole in Nnekas Leben. Während Hamburg jedoch kaum eine Rolle in den Texten spielt, ist Warri quasi omnipräsent. „Niger Delta“ ist nur ein Beispiel dafür und dort liegt auch Warri. Dort wuchs die 27-jährige Sängerin auf und nach Warri ist Nneka Egbuna zurückkehrt, um mit den Jugendlichen dort zu rappen. Einige Videos zeugen davon und wie nahezu alles, was Nneka anpackt, sind auch die zumeist selbst produziert.

„Selbst ist die Frau“ scheint ein wesentliches Motto im Leben von Nneka Egbuna zu sein. Mit 18 Jahren kehrte sie Warri den Rücken und landete in Hamburg, wo sie in einer Wohngemeinschaft unterkam. Dort rappten die Jungs, und Nneka war das einzige Mädchen, das ihnen Paroli bot und zum Mikro griff. Die Musik war damals die beste Medizin gegen Heimweh, Schmerz und Einsamkeit. Eine klingende Therapie, denn Sängerin wollte die zierliche Frau mit dem Afro-Look an sich gar nicht werden. Anthropologie und Archäologie hat sie in Hamburg studiert, ihr zweites Album „No Longer at Ease“ entstand in den letzten Zügen des Studiums.

Sehr funky klingen Stücke wie „Uncomfortable Truth“, und ihr Gesangsstil erinnert ein wenig an Patrice. Reggae- und Dancehallbeats sorgen für den Teppich, über den soulige Gesangspassage genauso wie gerappte Parts ausgekippt werden. Dub, Hip-Hop, Soul, Reggae und Afrobeat à la Fela Kuti sind die Zutaten, mit denen Nneka hantiert und die sie zu einem eingängigen Sound verschmelzt. Der hat dafür gesorgt, dass sie im Vorprogramm von Sean Paul genauso wie in dem von Patrice auftreten durfte und sich so schnell den Ruf verdiente, eine Top-Performerin zu sein. Unterstützung bei den ersten musikalischen Gehversuchen lieferte der Hamburger DJ Farhot. Der sorgte für die Beats und stärkte ihr den Rücken. Das scheint immer weniger nötig, denn längst schreibt die Deutsch-Nigerianerin mit dem markanten Gesicht Texte und Musik selbst.

Eigenständigkeit ist Programm und überaus klar ist auch die Message der Texte. Gegen die hemmungslose Ausbeutung ihres Heimatlandes wendet sich die streitbare Frau mit dem skeptischen Blick und befindet sich damit in bester Fela Kuti-Tradition. Wachrütteln und Missstände aufzeigen will sie, und inzwischen unterhält Nneka, deren Namen „Mutter ist das Heiligste“ bedeutet, auch eine Wohnung in der alten Heimat. Dort rappt sie nicht nur mit den Kids aus den marginalisierten Vierteln, sondern fahndet allem Anschein auch nach den eigenen Roots. Die spielen die erste Geige und das Studium der Anthropologie deutet ebenfalls in diese Richtung. Die Musik ist dabei das ideale Medium, um sich auszudrücken und auf die hemmungslose Ausplünderung der Erdölressourcen in Nigeria aufmerksam zu machen.

Dazu wird sie morgen die Bühne der Fabrik nutzen und die Halle mit ihren fetten Vibes zum Vibrieren bringen. KNUT HENKEL

Fr, 21. 11., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36