Andrang in Österreichs Botschaft in Amman

Rund 2.000 Iraker stellen Asylanträge bei Österreichs Vertretung. Doch nur wenige Iraker verlassen ihr Land

WIEN/BERLIN taz ■ Mehr als 2.000 irakische Staatsbürger haben binnen einer Woche bei der österreichischen Botschaft in der jordanischen Hauptstadt Amman Asyl beantragt. „Seit einer Woche ist hier plötzlich eine Welle von derartigen Anträgen hereingebrochen“, klagte Botschafter Heinrich Querner gegenüber der Austria Presseagentur gestern. Es handle sich jedoch nicht um Kriegsflüchtlinge, sondern um Personen, die schon seit Jahren in Jordanien lebten. Dennoch muss jeder Antragsteller zu einem persönlichen Gespräch in die Botschaft geladen werden.

Innenminister Ernst Strasser (ÖVP), der einen harten Kurs gegen Asylwerber steuert und erst vorigen Oktober Angehörige zahlreicher Staaten pauschal von der Asylgewährung ausschloss, hatte am Vorabend des US-Angriffs erklärt, Österreich werde sich auf die Aufnahme irakischer Flüchtlinge vorbereiten. Diese missverständliche Ankündigung dürfte der Grund sein, warum ausgerechnet die Vertretung der in Ausländerangelegenheiten als restriktiv bekannten Wiener Regierung belagert wird.

Mit einem derartigen Ansturm auf die Botschaft in Amman hat offenbar niemand gerechnet. Wien hat Asylverfahren für Iraker vorerst ausgesetzt. Bis auf weiteres darf zwar kein Iraker, der sich in Österreich aufhält, abgeschoben werden. Zugleich wird aber auch neuen Antragstellern kein Asyl gewährt. Die Anträge aus Jordanien, so eine Beamtin des Innenministeriums, werden nach Wien weitergeleitet und dort geprüft. Aus dürren Auskünften des Bundesasylsenats kann man schließen, dass nicht daran gedacht ist, die Asylbewerber ins Land zu holen. Zuletzt wurden in Österreich Asylbewerber scharenweise aus der Bundesbetreuung auf die Straße gesetzt. Verträge mit Caritas, Diakonie und anderen Hilfswerken, die sich um die Obdachlosen kümmern, kündigte das Innenministerium abrupt.

Deutsche Botschaften im Nahen Osten melden dagegen keinen Andrang asylsuchender Iraker. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes in Berlin nehmen deutsche Vertretungen grundsätzlich keine Asylanträge entgegen. Bislang hat der Krieg im Irak auch nicht mehr Flüchtlinge nach Deutschland geführt, wie das Bundesinnenministerium gestern mitteilte. Entscheidungen über Asylanträge irakischer Staatsbürger beim Bundesamt in Nürnberg (BAFl) wurden ausgesetzt. Sollte derzeit ein irakischer Flüchtling Asyl beantragen, erhält er nach Auskunft des BAFl für die Dauer des Verfahrens eine Aufenthaltsgestattung.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk hat bislang überraschend wenige Iraker registriert, die das Land verlassen haben. Erst eine Hand voll Flüchtlinge habe Irak verlassen, sagte UNHCR-Chef Ruud Lubbers gestern. Allerdings seien innerhalb des Irak viele Menschen von den Städten aufs Land gezogen. Es sei jedoch zu früh, eine humanitäre Krisensituation wie 1991 auszuschließen. Das UNHCR habe sich auf die Versorgung von bis zu 600.000 Flüchtlingen vorbereitet.

RALF LEONHARD, CA