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Rückkehrer aus der Krise

Der Basketball-Klub RheinEnergie Köln ist aus seiner sportlichen Krise gestärkt hervor gegangen. Sogar der kurz nach Saisonbeginn geschasste Trainer Stephan Baeck darf wieder mitarbeiten

VON HORTENSIA PEREZ

Pressekonferenzen mit Milan Minic sind immer wieder eine eigenartige Sache. In genuscheltem Englisch gibt der slowenische Trainer des Basketball- Bundesligisten RheinEnergie Köln seine in der Regel nicht besonders erschöpfenden Spielkommentare ab. Zwischenfragen von Journalisten scheint er fast als Beleidigung zu verstehen. Der untersetzte Mann schaut dann böse in die Runde und gibt Antworten, die gern mit einem „Listen!“ beginnen. “Hören sie zu!“ - Es folgt oft eine allgemeine Belehrung über Basketball-Sport als solchen.

Nein, Minic, der im November den als Trainer glücklosen Ex-Nationalspieler Stephan Baeck ablöste, ist kein Mann für die Öffentlichkeit. Doch das ist egal. Seine Mannschaft versteht ihn – und vor allem hat sie wieder Erfolg. Als einziges deutsches Team hat RheinEnergie das Achtelfinale des europäischen Uleb-Cups erreicht – ein Wettbewerb, der in etwa dem Uefa- Pokal im Fußball entspricht. Im Hinspiel am Dienstag besiegten die Kölner überraschend den italienischen Spitzenklub Metis Varese mit 81:70. Und in der Bundesliga hat RheinEnergie zuletzt vier Spiele in Serie gewonnen. Mit 16 Punkten steht Minics Mannschaft auf dem achten Tabellenplatz, darf sich wieder realistische Hoffnungen auf einen Playoff-Platz machen. Zu Saisonbeginn hatte Köln, mit einem Jahresetat von 3,5 Millionen Euro nach Meister Alba Berlin zweitreichstes Team der Liga, wochenlang den letzten Tabellenplatz belegt. Die Mannschaft, ausgestattet mit prominenten Profis wie dem zuletzt überragenden Center Geert Hammink oder Flügelspieler C.C. Harrison, wirkt gefestigt und ruft langsam aber sicher ihr Potenzial ab.

Überstandene Krisen können ein Team stark machen – und Krisen gab es in Köln in den letzten Monaten wahrlich mehr als genug. Es ging zeitweise drunter und drüber. Hier die Kurzform: Nach dem missratenen Saisonstart konnte sich der Klub nach langem Hin und Her dazu durchringen, Trainer Baeck zu entlassen. Der 49-jährige Minic, der zuvor als Co-Trainer in Griechenland tätig war, wurde verpflichtet. Erst gab es ein paar Siege, alles schien gut zu werden. Doch als es dann wieder nicht lief, fing Manager Michael Mronz an, den lange von ihm verteidigten Baeck öffentlich anzugreifen, indem er ihm schlampige Arbeit und Versäumnisse im Konditionstraining vorwarf. Doch das ging nach hinten los. Der Aufsichtsratsvorsitzende Herbert Zimmer beschloss Mitte Dezember, sich von Mronz zu trennen und den geschassten Baeck als Sportdirektor zurückzuholen. Diese Position hatte Baeck schon inne, bevor er 2002 die Nachfolge des nach Barcelona abgewanderten Übertrainers Svetislav Pesic angetreten hatte, der den vor drei Jahren gegründeten Klub auf Anhieb zu Vizemeisterschaft geführt hatte.

Klingt unübersichtlich, und das ist es auch. Erstaunlicherweise scheint aus dem Chaos ein funktionierendes System entstanden zu sein. Minic treibt die Mannschaft an, motiviert sie auf den Punkt. Eine Sache, die Baeck als Trainer nur ganz selten gelang. Der freundliche und redegewandte Mann fühlt sich, das merkt man ihm an, als Sportdirektor viel wohler. Er kann im Hintergrund wirken, sich in Ruhe mit Spielereinkäufen beschäftigen – und das Geschehen ganz entspannt kommentieren. Zum Beispiel so: „Milan Minic hat gezeigt, dass er das Team im Griff hat. Die Ergebnisse stimmen. Es ist Ruhe eingekehrt.“

Und da dies auch so bleiben soll, hütet sich Baeck davor, zu hohe Ansprüche zu formulieren. Das primäre Ziel sei nicht mehr und nicht weniger als das Erreichen der Playoffs, sagt der 38-Jährige: „Wir denken nur noch von Spiel zu Spiel.“ Am Samstag muss Köln bei Tabellenführer Alba Berlin antreten. “Auch dort wollen wir so gut wie möglich spielen“, berichtet Baeck. In den nächsten Wochen soll der Kölner Kapitän Sasa Obradovic, der sich im letzten Frühjahr eine komplizierte Knieverletzung zugezogen hatte, in die Mannschaft zurückkehren. „Er ist enorm wichtig für uns. In den Playoffs wird er sicher wieder spielen können“, kündigt der Sportdirektor an.

Von den Pressekonferenzen hält sich Baeck fern. Das sei Sache des Trainers, sagt er. Da wolle er sich nicht einmischen. Die Kompetenzen sind inzwischen klar verteilt. Es gab in Köln nun wirklich genug Durcheinander.

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