Bürgerantrag auf Eis gelegt

Weil Bausenator Eckhoff die Form nicht wahrte, konnte der Bürgerantrag zur Flächenpolitk nicht beraten werden. Dennoch beschlossen die Baudeputierten gestern den Anfang vom Ende der Uni-Wildnis. Grüne und BUND kritisieren Beschluss heftig

Bremen taz ■ Am Ende der Ansgaritor-Passage in der Innenstadt wurde es gestern Vormittag laut. Schräger Kindergesang wechselte sich ab mit harschen Wortwechseln zwischen ausgewachsenen Abgeordneten. Dazwischen ragten Transparente für den Erhalt der Uni-Wildnis in die Höhe. Ein Anwalt wedelte mit Papieren, die Kinder aus dem Waldkindergarten im Bürgerpark versuchten vergeblich, ihre Sonnenblumen in die Ritzen zwischen den Asphaltplatten zu klemmen. Anlass des Tumults war ein umfänglicher Bürgerantrag, den mehr als 11.000 Menschen unterzeichnet hatten und der die Uniwildnis, das Hollerland, die Arberger und Mahndorfer Marsch, die Osterholzer Feldmark, die Pauliner Marsch, den Sportplatz am Oeversberg und Kleingartengebiete vor Bebauung schützen soll.

Gestern nun sollte dieser Antrag samt seiner senatorischen Antwort in der monatlich tagenden Baudeputation im Haus des Bausenators besprochen werden – allein es kam nicht dazu. Denn Bausenator Jens Eckhoff (CDU) hatte vergessen, eine Vetrauensperson der engagierten Bürger zu der Sitzung einzuladen. Sie muss aber von rechts wegen in der Deputation gehört werden. Ein Verfahrensfehler, der nicht nur die BürgerInnen erbost. Einen „dicken Hund“, nannte der SPD-Deputierte Carsten Sieling den faux pas. Das Vorgehen Jens Eckhoffs sei „deutlich unsensibel“. Der SPD könne man daraus aber keinen Vorwurf stricken.

Für die Grüne Bauexpertin Karin Krusche ging der Skandal allerdings noch weiter und zwar mit Beteiligung der SPD: Wenn der Bürgerantrag nicht behandelt würde, dann müsse man logischerweise auch den Punkt Uni-Wildnis von der Tagesordnung nehmen. „Ihr macht euch doch komplett unglaubwürdig“ schimpfte sie den Abgeordneten der großen Koalition hinterher. Sieling wehrte sich im Anschluss an die Sitzung: In puncto Uni-Wildnis, der Fläche also, mit der die große Koalition dem Technologiepark mehr Raum verschaffen will, hätte es mit den Bürgern ohnehin keinen Konsens gegeben. Außerdem habe ein Bürgerantrag seiner Meinung nach „keine aufschiebende Wirkung“. Das sehe auch das Bauressort so.

Es kam also, wie es kommen musste: Gegen die Stimmen der grünen Deputierten wurde gestern die Verlagerung des Campingplatzes an der Uni-Wildnis beschlossen. Das bedeutet, dass dort schon bald die ersten Bäume gefällt werden.

Grüne und BUND kritisierten den Beschluss aufs Ärgste: Die unsinnige Verlagerung des Campingplatzes koste allein 8,8 Millionen Euro, so die Grünen. Es sei teuer, überflüssig und städtebaulich schädlich, den Technologiepark auszuweiten, meldet auch der BUND. „Wir haben doch mittlerweile auch in gut laufenden Gewerbegebieten Besorgnis erregende Leerstände“, warnt Michael Abendroth. „Muss denn jetzt mit aller Gewalt neues Gebiet erschlossen werden?“

Ein Argument, dem sich auch der Abgeordnete Sieling nicht ganz verschließen will. Zwar sieht er zur Bebauung der Uni-Wildnis keine Alternative. Gleichzeitig aber möchte er dem Bürgerantrag doch etwas differenzierter begegnen, der vorschlägt, auf neue Gewerbeflächen ganz zu verzichten. „Wir haben als SPD dafür gesorgt, dass in der Flächenpolitik keine Angebotserschließung en gros mehr stattfinden soll, sondern wir uns an der Nachfrage orientieren“, so Sieling. Dieser Koalitions-Beschluss finde sich in der Antwort des CDU-Senators auf den Bürgerantrag nicht wieder. „Ich möchte daher auch nicht den Senatoren für Bau und Wirtschaft folgen und den Antrag pauschal ablehnen“, tröstet er die BürgerInnen. Die Deputation will nun erneut in ihrer März-Sitzung – und dann auch formal korrekt mit einer Vertrauensperson – über den Bürgerantrag befinden. Für die Uni-Wildnis ist es dann allerdings zu spät. Elke Heyduck