Ein Peroxid-Lächeln für die Galerie

Strahlend weiße Zähne liegen im Trend. Um die grauen Ablagerungen auf dem Gebiss wieder wegzubekommen, wird zunehmend zu Bleichmitteln gegriffen. Doch über die gesundheitlichen Folgen ist bisher wenig bekannt

In den USA gehören blendend weiße Zähne schon länger zum guten Ton, in den letzten Jahren sind sie jedoch auch in Deutschland für viele Menschen wichtig geworden. Laut einer Emnid-Umfrage beurteilen bereits 68 Prozent der erwachsenen Bundesbürger die Attraktivität des anderen Geschlechts anhand des Lächelns, drei Viertel empfinden schöne Zähne generell als wichtig, und immer mehr Menschen sind mit ihrer eigenen Gebissfarbe unzufrieden. Weswegen denn auch die unterschiedlichen Verfahren zum Bleichen der Zähne einen regelrechten Boom erfahren. Das Prominenteste unter ihnen ist das so genannte Bleaching – wer diesen Begriff bei der Internet-Suchmaschine Google eingibt, kommt auf über eine halbe Millionen Treffer, die meisten von ihnen verweisen auf Zahnärzte und Schönheitskliniken.

Das Bleaching soll verfärbten Zähnen ein klares Weiß verleihen. Wobei die Verfärbungen meistens nicht, wie viele glauben, von mangelnder Zahnpflege herrühren, sondern von gerbstoffreichen Getränken wie Tee und Kaffee – und vom Zigarettenqualm. Vor dem Bleaching unternimmt der Zahnarzt zunächst eine gründliche Reinigung des Gebisses, danach hat der Patient die Wahl: Er kann beim Arzt bleichen lassen oder sich aber von ihm in die Technik des „Home-Bleachings“ für zu Hause einführen lassen.

Beim Bleichen in der Praxis wird zunächst eine individuell angepasste Zahnschiene hergestellt, mit deren Hilfe später das Bleichgel aufgetragen wird. Es besteht in erster Linie aus Harnstoffen und Wasserstoffperoxiden. Die Einwirkzeit beträgt 15 bis 30 Minuten, kann aber mittels einer Kaltlicht- oder Plasmalampe verkürzt werden.

Nach zwei bis drei Sitzungen bemerkt man bereits eine deutliche Aufhellung. Beim Home-Bleaching wird ebenfalls eine Schiene hergestellt, die der Patient mit nach Hause nimmt, um sie dann, gefüllt mit etwas Bleichgel, für mehrere Stunden täglich einzusetzen, vor allem nachts. Die Bleichmittel haben hier eine geringere Peroxidkonzentration, da sie ja deutlich länger einwirken können als beim Praxis-Bleaching.

Die Befürworter beider Methoden betonen immer wieder, dass ihr Bleichverfahren weitgehend risikoarm sei. Doch die aktuelle wissenschaftliche Datenlage kann dies nicht unbedingt bestätigen. Eine Übersichtsarbeit aus Norwegen sichtete die vorliegenden Studien zu dem Thema, und kommt dabei zu dem Schluss, dass viele möglichen Nebenwirkungen des Bleachings noch gar nicht untersucht seien.

Fest steht aber, dass die Peroxide in den Gels oft zu einer Überempfindlichkeit der Zähne führen. Im Labor unterstützten sie außerdem das Wachstum von Tumoren, bei Versuchstieren wurden Veränderungen in der Magenschleimhaut sowie Appetit- und Gewichtsverluste beobachtet. Die Forscher beklagen vor allem die Sicherheitslage beim Home-Bleaching, da die Patienten hierbei immer wieder größere Mengen des Bleichgels herunterschlucken.

Bei dem Versicherungsunternehmen HUK in Coburg gibt man außerdem zu bedenken, dass beim Bleaching nur lebendige Zähne aufgehellt werden. Füllungen und Kronen hingegen behalten ihre Farbe – und sie können am Ende im weißen Gesamtzahnbild so stark auffallen, dass sie letztendlich ausgetauscht werden müssen. „Aus diesen Gründen“, so die HUK, „ist das Beratungsgespräch mit dem Zahnarzt unumgänglich.“

Die HUK warnt außerdem vor den frei erhältlichen Bleichsets aus Apotheken und Drogerien. Diese seien zwar billiger als das Bleichen in Zusammenarbeit mit dem Arzt, hätten aber den Nachteil, dass die beigelegte Kunststoffschiene nicht passgenau ist. Dadurch könne das Gel herauslaufen und das umliegende Zahnfleisch reizen, außerdem würde nicht jeder Zahn in gleichem Maße gebleicht.

Das Bleaching ist ein kosmetischer Eingriff und wird daher nicht von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet, die Kosten von zirka 400 Euro muss der Patient selber tragen. Die Kosten für eine professionelle Zahnreinigung, zu der auch die so genannte Air-Flow-Behandlung gehört, liegen je nach Aufwand zwischen 20 und 125 Euro. Sie werden von den gesetzlichen Krankenkassen ebenfalls nicht erstattet. Da auch die privaten Krankenversicherungen nicht automatisch zur Kostenübernahme verpflichtet sind, sollten die Zahlungsmodalitäten vor dem Zahnarztbesuch abgeklärt werden.

JÖRG ZITTLAU