Von Schüssen vom Hotel ist keine Rede mehr

US-Botschafter Coats sichert Untersuchung des Angriffs auf Hotel Palestine zu. CNN steht in Treue zu den USA

BERLIN taz ■ Einen Tag nach dem Beschuss des überwiegend von internationalen JournalistInnen genutzten Hotels Palestine durch einen amerikanischen Panzer haben die Kommandeure der US-Streitkräfte offenbar ihre Taktik geändert: Das Zentralkommando der Koalitionsstreitkräfte in Katar hatte unmittelbar nach dem Tod von zwei Kameraleuten am Dienstag noch von „signifikantem feindlichen Beschuss aus dem Hotel“ gesprochen, den man „in Ausübung des Rechts auf Selbstverteidung“ erwidert habe. Nach spanischen Presseberichten von gestern war das Hotel aber bereits 48 Stunden zuvor zu einem potenziellen militärischen Ziel erklärt worden.

Dies geht aus der Antwort des US-Hauptkommandos auf eine Anfrage der Regierung in Madrid hervor. Nach dem Tod der zwei Kameraleute, darunter der Spanier José Couso, 37, vom Privatsender Tele 5, hatte das spanische Verteidigungsministerium von den USA eine Erklärung verlangt. In dieser Antwort des US-Militärs ist offenbar keine Rede mehr von irakischen Angriffen aus dem Hotel heraus. Vielmehr sei das Hotel als Teil des irakischen Propaganda- und Regierungsapparats ein legitimes militärisches Ziel: Die irakische Seite habe das Hotel Palestine für Versammlungen genutzt, zitiert dpa die US-Note an Spanien. Den Journalisten sei mitgeteilt worden, dass das Hotel ein mögliches militärisches Ziel sei. Die dort untergebrachten spanischen Reporter wiesen dies zurück. Verteidigungsminister Federico Trillo sagte: „Die amerikanischen Streitkräfte haben einen schweren Fehler gemacht.“

Auch in Deutschland hat der Tod von insgesamt drei Journalisten – ebenfalls am Dienstag starb ein Al-Dschasira-Reporter nach dem Beschuss des örtlichen Senderbüros durch einen US-Panzer – Bestürzung ausgelöst. Die Grünen fordern eine unabhängige Untersuchung. Sollte es sich um einen gezielten Angriff gehandelt haben, müssten die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

Während sich gestern in Bagdad JournalistInnen erstmals ohne die sonst allgegenwärtigen „Betreuer“ des irakischen Informationsministeriums frei in der Stadt bewegen konnten, hat der US-Botschafter in Deutschland nach ZDF-Darstellung bereits „eine gründliche Untersuchung“ der Vorfälle angekündigt. Anlässlich eines Senderbesuchs telefonierte Daniel Coats auch mit dem ZDF-Korrespondenten Ulrich Tilgner in Bagdad, der am Dienstag Augenzeuge der Schüsse auf das Hotel Palastine war und diese als „unglaubliche Schweinerei“ bezeichnet hatte.

Während die deutschen Sender und die BBC unisono den Angriff kritisierten und der anfänglichen US-Darstellung von irakischen Heckenschützen im Hotel widersprachen, stand CNN in Treue fest zu den USA: Der Nachrichtenkanal, der derzeit keine eigenen Korrespondenten in Bagdad hat, zitierte am Dienstag lediglich die Version der US-Militärs und verschwieg die Augenzeugenberichte aus dem Hotel Palestine. STEFFEN GRIMBERG

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