Kurden auf dem Vormarsch

Weg in die nordirakische Stadt Mossul für kurdische und US-amerikanische Truppen angeblich frei. Briten in Basra gehen gegen Plünderer vor und entdecken Folterkammern der Staatssicherheit

SALAHUDDIN/GENF/BERLIN rtr/dpa/taz ■ Nicht nur in Bagdad ist gestern das Regime von Saddam Hussein zusammengebrochen. Im Nordirak haben US-Truppen und verbündete kurdische Kämpfer nach kurdischen Angaben den Weg zur Einnahme der Ölförderstadt Mossul geebnet.

„Im Prinzip ist die Stadt gefallen“, sagte Hoschijar Sebari, ein politischer Berater des Kurdenführers Massud Barsani, nach der Einnahme des strategisch wichtigen Berges Maklub etwa fünfzehn Kilometer nördlich von Mossul. Der Berg sei bislang von den Irakern erbittert verteidigt worden. Diese hätten sich nun zurückgezogen und dabei Radaranlagen und Luftabwehrgeschütze zurückgelassen. „Der fehlende Widerstand hat uns überrascht“, sagte Sebari. Die kurdisch-amerikanischen Einheiten würden nun wahrscheinlich in die drittgrößte Stadt Iraks vorrücken.

Stromabwärts des Tigris in Richtung der Hauptstadt Bagdad liegt von Mossul aus auch Tikrit, die Heimatstadt Saddam Husseins. Ein Sprecher der US-Streitkräfte sagte gegenüber Reuters, in der Stadt könne es noch Widerstand geben. „Wir greifen Tikrit und weitere Städte im Norden von der Luft aus an“, sagte er. Es wies darauf hin, dass große Teile des Landes nördlich von Bagdad noch nicht von US-Truppen besetzt seien.

In Iraks zweitgrößter Stadt Basra ging die britische Armee unterdessen erstmals gegen die ausufernden Plünderungen vor. Nach BBC-Berichten wurde ein versuchter Raubüberfall auf eine Bank gestoppt. Zugleich wurde bekannt, dass verärgerte Stadtbewohner einen Plünderer zu Tode gesteinigt hätten.

Am Dienstag hatten britische Soldaten in Basra mit Warnschüssen die Plünderung von Lastwagen voller Hilfsgüter verhindert. Als einzige Hilfsorganisation ist bisher das britische Rote Kreuz in Basra tätig. Hauptproblem ist nach Einschätzung der Hilfswerke die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser. Der Sprecher der britischen Truppen in Basra, Kapitän Al Lockwood, sagte: „Als Besatzungsmacht sind wir völkerrechtlich verpflichtet, Recht und Ordnung zu garantieren, und das werden wir tun.“ Man sei in Basra auf der Suche nach der bisherigen Polizei. Die britischen Militärbehörden haben einen nicht genannten schiitischen Kleriker gebeten, ein Komitee nach eigener Wahl zu bilden, das als embryonale Stadtverwaltung dienen könnte. In Basra entdeckten die Briten außerdem Folterkammern der irakischen Staatssicherheit. Aus dem im Volksmund „Weißer Löwe“ genannten Gebäude veröffentlichen britische Zeitungen Fotos von Isolationszellen und Metallkäfigen, wo Gefangene mit Stromstößen gefoltert wurden, sowie Unterlagen über die Insassen und Behandlung im Gefängnis. Ein Großteil dieser Unterlagen wurde allerdings von Plünderern – möglicherweise Mitarbeitern der Staatssicherheit – verbrannt, die nach dem Einmarsch der Briten das Gebäude stürmten.

Nördlich von Basra waren britische Truppen gestern weiter auf dem Vormarsch. Sie erreichten al-Qurnah, nach lokaler Tradition Standort des biblischen Garten Eden. D.J.