emissionshandel
: Das Ende der Kuschelpolitik

Die Anti-Atom-Bewegung hat es immer schon gewusst. Für den Atomausstieg der rot-grünen Bundesregierung hatte sie stets nur Hohn und Spott übrig – ihr Slogan: Konsens ist Nonsens. Dieses Motto ist jetzt beim Gewürge um den Emissionshandel eindrucksvoll bestätigt worden – von der Industrie.

KOMMENTARVON BERNHARD PÖTTER

Denn die Wirtschaft verkraftet es nicht, wenn man ihr gibt, was sie fordert: Gestaltungsfreiheit. Sie wollte eine Selbstverpflichtung zum Klimaschutz. Von ihren Zielen hat sie sich verabschiedet. Sie bekam eine Verpackungsverordnung, die eine Selbstverpflichtung war. Auch davon will sie nun nichts mehr wissen. Die Industrielobbyisten wehren sich gegen alle Versuche, etwa beim Auto eine Obergrenze für den CO2-Ausstoß einzuführen, und verweisen auf ihre Selbstverpflichtung. Doch auch die ist nicht viel mehr wert als heiße Luft.

Warum sind die Verbände und Unternehmen unfähig, ihre Versprechen zu halten? Weil sie sich selbst nicht auf eine Linie einigen können – wie beim Emissionshandel. Weil sie und die Opposition Umweltminister Jürgen Trittin als Inkarnation des Bösen aufgebaut haben und brauchen – wie beim Dosenpfand. Und weil sie aus Wirtschaftsministerium und Kanzleramt Signale bekommen, dass man über ihre Forderungen, so unverschämt sie auch seien, reden könne. Bestes Beispiel: Schröders Maßgabe, über den Atomausstieg nur im Konsens zu verhandeln. Wer sich auf diese Weise selbst der Druckmittel beraubt, braucht eigentlich gar nicht mehr mit den Verhandlungen zu beginnen.

Die Beispiele zeigen: Der schöne Traum vom Konsens unter allen Beteiligten in der Umwelt- und Wirtschaftspolitik ist vorbei. Und das ist gut so. Denn die Kuschelpolitik nach Schröder-Art kleistert Widersprüche zu, die dann später umso stärker aufbrechen. Und es überfordert die Unternehmen. Vattenfall und RWE wollen ihren Profit maximieren, nicht das Klima schützen. Solche Regelungen muss der Staat, also die Regierung, den Unternehmen vorschreiben. Sie brauchen klare Grenzen, klare Termine und klare Sanktionen. Das sorgt auf allen Seiten für Sicherheit, auch bei Investitionsentscheidungen. Es versucht ja auch niemand, die Gegensätze bei Tarifverhandlungen wegzudiskutieren.

Runde Tische sind eine gute Sache, um Transparenz zu gewährleisten und Meinungen zu bilden. Entscheiden muss die Politik.

wirtschaft und umwelt SEITE 7