Freude und Sorge

Hamburger Exil-Iraker erleichtert darüber, dass Saddam Hussein im Irak nicht mehr das Sagen hat

Einen Tag nach der Übernahme Bagdads durch die US-amerikanische Armee ist die Freude der Exil-Iraker in der kleinen Moschee im Hamburger Industriegebiet Billbrook groß – und die Sorge ebenso. „Wir empfinden alle Freude, Hoffnung und Erleichterung“, sagte der Imam der Moschee, Dia Al-Shakerchi. Nach dem Einmarsch der US-Truppen in die irakische Hauptstadt gibt es nach Ansicht des 58-Jährigen nun aber keinen Anlass mehr, weiter Krieg zu führen. Denn Sorgen macht sich das Gemeindeoberhaupt nach wie vor: Er selbst und viele seiner Freunde haben Bekannte im Kriegsgebiet. Seit drei Wochen haben sie kein Lebenszeichen von ihnen bekommen.

„Die Freude über den Sturz des mörderischen Regimes überwiegt alle anderen Gefühle – auch den Gedanken an meine Familie“, hält Ghalib al Ani dagegen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten lebt der Arzt in Deutschland. Jetzt aber will er so schnell wie möglich in den Irak zurückkehren. Einige seiner sieben Geschwister leben in Bagdad. Vor einem möglichen Bürgerkrieg im Irak nach Saddam hat er keine Angst. Warnungen vor Konflikten zwischen den Volksgruppen und Konfessionen seien „künstliche Ängste“, meint al Ani.

Mohammed Muhsen, Hausmeister der Moschee, ist immer noch skeptisch. Eine Rückkehr zu seiner Familie in Nord-Bagdad will der 41-Jährige nicht überstürzen: „Man muss abwarten, was die Amerikaner im Irak machen.“

Die Mehrzahl der hier lebenden Iraker hatte die Invasion der US-Amerikaner von Beginn an begrüßt. In einem Interview mit der taz hatte Dia Al-Shakerchi am Tag des Kriegsbeginns gesagt: „Viele Iraker sagen, der Krieg war nicht unsere Wahl. Aber wenn nur so unser Ziel erreicht werden kann, die Regierung zu stürzen, dann muss es so sein.“ LNO/TAZ