berliner szenen Zum Glück

Gibt‘s Österreich

Warum liegt die österreichische Botschaft ausgerechnet in der Stauffenbergstraße? Welche Botschaft will man damit rüberbringen? „Die Mörder sind immer die Deutschen!“? Will man deutsche Touristen dazu auffordern, mit sprengstoffgefüllten Aktentaschen die FPÖ-Parteizentrale zu besuchen!? Auf diese Idee war ich bisher nicht gekommen. Aber: „Zum Glück gibt’s Österreich“.

Unter diesem Titel hat der Wagenbach-Verlag gerade eine Anthologie junger österreichischer Literatur herausgebracht, die Anfang der Woche in der Stauffenbergstraße vorgestellt wurde, in Anwesenheit der Nachwuchstalente Xaver Bayer, Franzobel und Kathrin Röggla. Bayer sieht aus wie ein echter Österreicher, dünner Oberlippenbart, braun gebranntes Gesicht: „Ich arbeite nicht, ich lasse mein Blut fließen!“ Es folgen paranoide Selbstbespiegelungen, wie man sie aus der Alpenrepublik erwartet. Geschichten über Menschen, die allen anderen zutrauen, was sie sich selbst zutrauen: das Schlimmste. Die „Mahnmal“ sagen, wenn sie „Manchmal“ sagen wollen. Und hinter jeder Ecke die Hölle von Kaprun erwarten: „Ich möchte das Flugzeug verpassen, das dann abstürzt.“

Wie zur Bestätigung ist Kathrin Röggla dann auch gar nicht erst erschienen. So dass man ziemlich schnell den dialektalen Lautgedichten von Franzobel ausgeliefert ist. „BlunzenBrunzen“. „BrunzenBlunzen“. „BlunzenBrunzen“. Ginge es nach Franzobel, wäre auf der österreichischen Euromünze eine filetierte Blutwurstscheibe zu sehen. Felix Austria. Noch schnell einen Weißwein gekippt, Punschkrapfen gegessen und hinaus in das frostige Schneetreiben. „Dafür ist die Luft hierzulande nicht so bleihaltig“, meinte der Pförtner noch beim Öffnen der massiven Stahltür. ANSGAR WARNER