von der schwierigkeit, eine statue zu stürzen

Am Mittwoch um 16.48 Uhr warteten ein Nachrichtensprecher und ein Kriegberichterstatter gespannt auf das historische Bild. Der Nachrichtensprecher sagte es genau so. Er sagte: „Wir warten jetzt beide gespannt auf dieses historische Bild“. Ulrich Tilgner sagte zunächst nichts. „Ja, jetzt fällt er“, sollte der Kriegsberichterstatter eine Minute später sagen. Da war das historische Bild schon millionenfach reproduziert über die Bildschirme geflimmert. Da hatte dieser ganz reale Krieg mal wieder eine baudrillardsche Dimension erhalten, folgte er einmal mehr den Gesetzen der Medienwirklichkeit. Am Mittwoch um 16.49 Uhr zwang ein US-amerikanischer Panzer ein Saddam-Standbild im Stadtzentrum von Bagdad in die Knie. Es war nicht das erste Saddam-Standbild in diesem Krieg. Aber eben jenes, das bis dahin gegenüber des von internationalen Journalisten bewohnten Hotels Palastine gestanden hatte. Und damit mitten im Fokus ihrer Kameras. Etwa eine Stunde zuvor hatten sich ein anderer Nachrichtensprecher und eine andere Kriegsberichterstatterin ein bisschen an 1989 erinnert. Peter Klöppel sagte es genau so. Er sagte: „Das erinnert uns ein bisschen an 1989.“ Junge Iraker hatten gerade damit begonnen, den massiven Sockel des Standbilds mit einem Vorschlaghammer zu bearbeiten. „Ein sehr symbolischer Akt“, wie ihm Antonia Rados sekundierte. Ein „symbolischer Akt“, der eine mediengerechte Verkettung von einer ganzen Reihe symbolischer Aktivitäten einleiten sollte. Nicht auf RTL, sondern im ZDF fand es so Ulrich Tilgner wenig später „irgendwie symbolhaft, dass es so schwierig ist, ein Bild zu zerstören“. Da stand der eiserne Saddam noch immer standhaft auf seinem Sockel, umringt von etwa 200 Irakern und einem US-amerikanischen Panzer, dessen Besatzung Saddam Husseins Antlitz zwischenzeitlich mit der symbolträchtigen US-Flagge verhüllen sollte. Wohl, weil das dann doch eine zu symbolbeladene Geste war, hingen ihm die Soldaten auch die irakische Fahne um den Hals. „Jetzt tanzen die Menschen auf den Trümmern“, kommentierte wiederum Ulrich Tilgner den schlussendlichen Fall der meistgefilmten Saddam-Statue – doch wahrscheinlicher tanzten sie vor den internationalen Fernsehkameras. Schwer symbolhaft war es so oder so. CLEMENS NIEDENTHAL FOTOS: AP