Firma boykottiert Betriebsratswahlen

Das Essener Inmobilienunternehmen mfi kündigt einem Wahlvorstands-Mitglied fristlos, weil er angeblich Mitarbeiter bedrängt. Die IG BAU sieht darin eine weitere Taktik, einen Betriebsrat zu verhindern und stellt Strafantrag

ESSEN taz ■ Eigentlich wollte Bernd Börgers einen ganz normalen Vorgang auf den Weg bringen, als er im Dezember die Essener „Management für Inmobilien“ (mfi) AG anschrieb. „Die Industriegewerkschaft Bauen, Agrar und Umwelt unterstützt Sie gerne bei der Gründung eines Betriebsrates“, steht in dem Brief der Gewerkschaft. Und weiter: „Wir bitten um ein organisatorischens Gespräch.“

Eine Antwort hat Bernd Bögers nie bekommen. Und mfi hat auch immer noch keinen Betriebsrat. Zwar hatte die Belegschaft im Januar auf einer Betriebsversammlung einen Wahlvorstand bestimmt. Kurz nach dieser Wahl wurde einem Vorstandsmitglied jedoch fristlos gekündigt - worauf sich das Gremium auflöste.

„Unsere Mitarbeiter wollen keinen Betriebsrat“, sagt Unternehmenssprecherin Petra Richter jetzt und verweist auf eine betriebliche Umfrage. „Die Mehrheit unserer Mitarbeiter ist mit dem Betrieb so zufrieden, wie er jetzt ist.“ Ohne betriebliche Mitbestimmung.

Für die Gewerkschaft ist das ein Skandal. „Die Mitarbeiter sind unter Druck gesetzt worden, um die Betríebsratswahlen auch zukünftig boykottieren zu können“, sagt Bernd Bögers. Die IG BAU hat die mfi deshalb bei der Staatsanwaltschaft Bochum wegen „Vereitelung rechtmäßiger Betriebsratswahlen“ angezeigt. „Die Entlassung des Mitarbeiters aus dem Wahlvorstand hatte nur ein Ziel“, sagt Bernd Bögers. „Man will den Mitarbeitern die Mitbestimmung verweigern und das ist illegal.“

Tatsächlich müsste mfi eigentlich einen Betriebsrat haben, denn es arbeiten immerhin 180 Angestellte bei dem Inmobilien-Dienstleister. Laut Betriebsverfassungsgesetz muss ein Betrieb schon ab einer Mitarbeiterzahl von 20 eine Mitbestimmung aus der Arbeitnehmerschaft zulassen. „Unsere Mitarbeiter verzichten aber auf dieses Recht“, sagt die mfi-Sprecherin. „Deshalb sehen wir einem Gerichtsprozess sorglos entgegen.“

Denn auch dem Wahlvorstandsmitglied will mfi aus „ganz anderen Gründen“ gekündigt haben. „Wir mussten wegen betrieblicher Umstrukturierungsmaßnahmen eine ganze Abteilung schließen“, sagt Petra Richter. „Zufällig arbeitete dort auch ein Wahlvorstandsmitglied.“ Der Angestellte habe daraufhin begonnen, andere Mitarbeiter „massiv politisch zu bedrängen“, worauf die Betriebsleitung eine fristlose Kündigung und ein Hausverbot aussprach.

„Der Mitarbeiter arbeitete schon seit einem halben Jahr in einer anderen Abteilung“, sagt Bernd Börgers. „Er ist ausschließlich deshalb gekündigt worden, weil er sich für einen Betriebsrat eingesetzt hat.“

Petra Richter kann die Aufregung der Gewerkschaft überhaupt nicht verstehen. „Wir bezahlen unseren Mitarbeitern mehr Geld als es der Tarifvertrag vorsieht“, sagt die Unternehmenssprecherin. „Wir stellen ihnen ein Fitnesscenter und kostenlose Monatstickets für Bus und Bahn zur Verfügung: Mit der Gewerkschaft würde es ihnen viel schlechter gehen.“

Für das Mehr an Geld müssen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer allerdings auch deutlich mehr arbeiten, meint Bernd Börgers. „Die Gewerkschaftsmitglieder unter den mfi-Mitarbeitern berichten uns regelmäßig von Wochenenddiensten. Wenn mfi gerade ein Projekt hat, wird das auch auf Kosten der Gesundheit der Mitarbeiter durchgezogen.“

Deshalb hält die IG BAU eine Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für essentiell. „Wenn es bei mfi wirklich so paradiesisch ist, dürfte der Betrieb auch kein Problem damit haben.“ MIRIAM BUNJES