schmickler macht ernst
: Yeah, push it up now, Kölle

WILFRIED SCHMICKLER: Der Mann mit der Axt holzt für die taz

Ich hab es ja schon die ganze Zeit gewusst: 2004 wird das Jahr des Riesenaufschwungs. Rezession und Depression sind auf ewig Vergangenheit, ein gewaltiger Ruck geht durch Deutschland und die Unternehmen tun endlich wieder das, wofür sie gegründet wurden: fette Gewinne einfahren! Wer‘s nicht glaubt, der lese den neuen Konjunkturbericht der Kölner Industrie- und Handelskammer. „Die Talsohle ist wohl durchschritten“, so Hauptgeschäftsführer Dr. Herbert Ferger.

Einziger Wermutstropfen: Die Arbeitslosigkeit wird in Köln voraussichtlich auf 12 Prozent steigen. Na und? Wie wir alle wissen, brechen in diesem Jahr gerade für Arbeitslose hierzulande goldene Zeiten an. Und dafür hat er gesorgt, der völlig zu Unrecht gefeuerte Ex-Chef der neuen Bundesagentur für Arbeit Florian Gerster, Agent Null-null-nix! Der Mann hat sich nun wirklich verdient gemacht um die Arbeitslosigkeit in Deutschland.

Der hat ja den ganzen Laden von Grund auf umbenannt. Und das wurde auch allerhöchste Zeit. Wie das schon klingt: „Anstalt für Arbeit“! Da denkt man doch gleich an so eine geschlossene Anstalt, in der irgendwelche Anstaltsinsassen einen Haufen sinnlose Arbeit machen. Und davon kann ja nun wirklich nicht die Rede sein.

Nein, da musste man mal gründlich aufräumen. Wie zum Beispiel seinerzeit bei der deutschen Bahn. Wenn Sie da früher als Reisender ein Problem hatten dann sind Sie zur Auskunft gegangen, weil Sie gedacht haben, da kriegen Sie irgendwelche Auskünfte. Heute gehen Sie zum Service Point. Da sind Sie zwar hinterher auch nicht viel schlauer, aber es hat Ihnen auch keiner versprochen.Wenn früher ein Arbeitsloser gefragt wurde: Und? Was machst du morgen? Dann war die Antwort: Morgen häng ich auf dem Flur vom Arbeitsamt rum. Sehr deprimierend. Ab sofort heißt es: Hey, morgen relax ich auf‘m Info-floor vom job service center! Das hört sich doch gleich ganz anders an!

Ab sofort ist der Arbeitslose auch kein Arbeitsloser mehr, sondern Kunde. Und der Kunde ist bekanntlich König. Und wann hat man das letzte Mal einen König auf dem Arbeitsamt gesehen. Der hat das doch gar nicht nötig, der hat doch schon einen Beruf.

Wie gesagt: 2004 wird ein echtes Hammer-Jahr. Köln bekommt einen Hochadel-Anteil von 12 Prozent, die „Akademie für uns kölsche Sproch“ wird zur ersten Elite-Universität Deutschlands und das mit der Kulturhauptstadt ist auch so gut wie gegessen. Spätestens seit der Schrammafritz 11 Damen „aus allen Bereichen der Kultur“ für seine Destination gewonnen hat. Allen voran die bezaubernde Renan Demirkan. Zitat: „Ich bin zu mehreren Talk-Shows eingeladen. Da werde ich das Kulturhauptstadt-T-Shirt anziehen. Und damit es besser zur Geltung kommt, werde ich einen Push-Up-BH tragen.“ Na dann: push it up, Kölle!