„Das ist keine gehobene Geschichte hier“

Jan Swolensky, 24, ist in Marzahn groß geworden. Er hat Arbeit und geht täglich ins „Treibhaus“ in den Sportraum. Seit im letzten Jahr der Träger gewechselt hat, kommen die alten Kumpels aber nicht mehr. Ein Protokoll

Ich komme von hier. Früher habe ich in Alt-Marzahn gewohnt, auch im Hochhaus, bin dann umgezogen in ein anderes Hochhaus. Ich denke, ich bin schon eine Ausnahme, dass ich hier geblieben bin.

Es gibt ja viele Klischees über Marzahn, z. B. Jugendkriminalität. Früher war das schlimmer mit der Kriminalität, jetzt ist es ein bisschen abgeebbt. Vielleicht nehme ich es auch nicht mehr so wahr, weil ich mich dran gewöhnt habe. Wenn man nachts hier langläuft, muss man schon ein bisschen aufpassen. Man wägt ab, ob man die eine Straßenbahnstation läuft oder lieber nicht. Ich habe einen Hund, da geht das. Aber wenn man abends noch mal mit dem Hund geht, stößt man oft auf betrunkene Jugendliche, die Flaschen durch die Gegend schmeißen und so.

In dieser Gegend von Marzahn wohnen eher, ich sag mal so, sozial Minderbemittelte. Das ist keine gehobene Geschichte hier. Ins Treibhaus kamen früher, also bevor der neue Träger kam, auch eher sozial Benachteiligte. Leute, die keine Ausbildung und keinen Abschluss hatten und nicht wussten, wohin mit ihrer Freizeit. Ich bin vor vier Jahren durch einen Kumpel hierher gekommen, der sagte, Mensch, die haben einen Sportraum. Wir waren eine Gruppe, die sich tagtäglich hier getroffen hat. Es waren welche darunter, die haben in ihrer Freizeit Mist gemacht. Solche Sachen wie Leute verprügeln und Vandalismus. Die waren eher auf der rechten Schiene. Aber die waren trotzdem meine Kumpels, obwohl ich nicht gut fand, was die gemacht haben. Zu mir waren sie in Ordnung.

Nachdem das Bezirksamt die Einrichtung im letzten Jahr übergeben hat, sind viele von denen nicht mehr wiedergekommen. Das war sehr personenabhängig. Bei den alten Leuten vom Bezirksamt wussten die Jugendlichen, wie sie sie zu nehmen hatten. Viele hatten keine Lust auf Veränderung und haben sich distanziert, als die neuen Mitarbeiter vom freien Träger kamen. Und solche Angebote wie Nadel und Faden, das spricht die eher nicht an. Was sie jetzt machen – kann ich nicht genau sagen. Die gehen nirgendwo mehr hin, glaub ich, vielleicht machen sie auch Mist.

Jetzt kommt die Sache hier wieder gut ins Rollen, auch der Kraftraum wurde ein bisschen verbessert. Aber es kostet eben jetzt auch Geld. Das ist auch ein Aspekt. Es gibt zwei, drei, die haben Probleme, den Zehner pro Monat abzustottern. Die Leute, die jetzt kommen, sind eher so wie ich. Sie haben eine Ausbildung gemacht und stehen im Berufsleben. Ich selber habe Einzelhandelskaufmann gelernt und arbeite als Verkäufer.

Ausländer kommen gar nicht her. Die haben ihre eigenen Klubs. Das Kick zum Beispiel. Aber da geht fast kein Deutscher mehr hin, das ist alles fest in russischer Hand. Am Wochenende gehe ich selten weg, höchstens mal nach Hellersdorf ins Flirt. In der Nähe gibt es noch einen Imbiss mit einer Diskothek dran. Da gehen viele Jugendliche hin, es gibt auch oft Schlägereien. Dann gibt es noch Badminton im Freizeitzentrum, so viele Möglichkeiten hat man im Endeffekt aber auch nicht.

PROTOKOLL: ANNA LEHMANN