amerika im krieg (17)
: Ein Tagebuch unseres USA-Korrespondenten Michael Streck

Der falsche Weg zum richtigen Ziel

Im Autoradio laufen die Nachrichten über den Fall Bagdads. „Ich bin froh, dass es vorbei ist“, sagt der muslimische Taxifahrer aus dem ostafrikanischen Eritrea. „Und natürlich freue ich mich, dass Saddam Hussein entmachtet ist. Dennoch war der Krieg der falsche Weg.“ Man hätte den Diktator irgendwie anders stürzen müssen.

Nur wenige muslimische Männer kommen an diesem Mittwochnachmittag in die Moschee im „Islamic Center“ von Washington. Es ist kalt, es regnet und viele rollen zum Gebet ihren Teppich wohl lieber im Büro oder zu Hause aus. Direktor Abdullah Mohammad, der auf diversen Fotos in einem Schaukasten neben Präsident George W. Bush zu sehen ist, will sich nicht zu politischen Fragen äußern. „Dies ist ein Ort der Andacht“, sagt er. Ein alter Mann mit sonnengegerbtem Gesicht, der vor 45 Jahren aus Pakistan geflohen ist, sagt nur: „Allah allein weiß, was nun im Irak kommt.“

Das islamische Zentrum ist ein Stück Orient inmitten der US-Hauptstadt. Der sandsteinfarbene Bau befindet sich in nobler Nachbarschaft auf der langen Massachusetts Avenue, an der prachtvolle Botschaftsgebäude aneinander gereiht sind. Ein spitzes Minarett ragt aus den Bäumen hervor, ein schmaler Säulengang umgibt einen Hof, von dem aus Treppenstufen in die Moschee führen. Am Eingang zum Archiv und Buchladen sitzt Suleiman. Er ist zwar im Senegal geboren, doch seine Heimat heißt jetzt Amerika. Er findet es „okay“, dass Hussein gestürzt ist. „Doch nur das irakische Volk soll über seine Zukunft entscheiden, nicht die USA.“

Ein iranischer Geschäftsmann in feinem Zwirn kommt aus dem Baderaum. „Saddam war ein Monster“, sagt er. Doch die USA hätten dieses Monster unterstützt. Das dürfe man nicht vergessen. Er wisse nicht so richtig, ob er sich freuen solle. Die ganze Welt habe „nein“ zu diesem Krieg gesagt. „Ich fürchte, am Ende werden wir mehr Unordnung und Unfrieden haben.“ Und dann ist es, als ob jemand eine Münze in eine Jukebox geworfen hat, die Musik anspringt, aber wegen eines Defekts nicht mehr abschaltet. Er redet, hört nicht auf zu erzählen. Ärgert sich über die Amerikaner, die keine Ahnung hätten, was in der Welt, vor allem dem Nahen Osten passiert. Schimpft über die US-Medien, die alle in jüdischer Hand seien, und Bushs einseitige Unterstützung für Israel. Gratuliert Frankreich und Deutschland, dass sie den USA die Stirn geboten haben. „Europa muss ein Gegengewicht sein“, fordert er und prophezeit für die nahe Zukunft einen Krieg zwischen der neuen und alten Supermacht China und den USA.

Dann hält er inne und sagt: „Versteh mich nicht falsch. Amerika ist ein gutes Land. Man kann hier wunderbar Geschäfte machen.“