Auf der Suche nach Saddam Hussein

Über den Verbleib des irakischen Diktators gibt es jede Menge äußerst widersprüchlicher Mutmaßungen

BERLIN taz ■ Von einem Tag auf den anderen scheint das irakische Regime wie vom Erdboden verschluckt. Aber wo sind Saddam Hussein und seine Entourage?

Bei der CIA geht man inzwischen davon aus, dass das plötzliche Verschwinden des Regimes auf einen geordneten Rückzug der Führungsspitze zurückzuführen ist. Nach einem Bericht der New York Times durchkämmen amerikanische Spezialeinheiten und CIA-Agenten die Hauptstadt, um Saddam und seine Söhne Qusai und Udai zu töten oder festzunehmen.

Allerdings gibt es auch in US-Geheimdienstkreisen widersprüchliche Meldungen über den Verbleib des Despoten. Laut Times gehen hochrangige Geheimdienstmitarbeiter davon aus, dass Saddam bei dem Bombenangriff auf das Mansur-Viertel am Montag getötet worden sei. Das Gerücht von seinem Tod habe die Befehlskette zusammenbrechen lassen.

In US-Militärkreisen scheint man davon auszugehen, dass Saddam den Angriff überlebt hat und schwer verletzt in die Nähe seines Geburtsorts Tikrit gebracht wurde. Mitglieder der Parteispitze sollen nach Syrien geflohen sein. Man habe Hinweise darauf, dass Syrien behilflich gewesen ist, Personen von Irak nach Syrien zu bringen, sagte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Möglicherweise hält sich die Führungsriege aber auch in einem der Bunker in Bagdad oder Tikrit versteckt.

Nach Angaben von Ahmed Chalabi, Chef des oppositionellen Irakischen Nationalkongresses, hat auch „Chemie-Ali“ den Angriff auf seine Villa bei Basra am vergangenen Wochenende schwer verletzt überlebt. Der wegen seiner Verantwortung für die Giftgaseinsätze gegen die kurdischen berüchtigte Ali Hassan al-Madschid sei von Stammesangehörigen ins iranisch-irakische Grenzgebiet bei Diyala nordöstlich von Bagdad gebracht worden. In dem Gebiet sollen sich auch Saddam und weitere Getreue aufhalten, sagt der INC-Chef gegenüber arabischen Medien. Als wenig wahrscheinlich gilt bei Beobachtern eine Flucht des irakischen Despoten.

Sollte Saddam Hussein bei einem Bombenangriff getötet werden, ist trotzdem fraglich, wie eine Identifizierung erfolgen kann. Medienberichten zufolge sind an der Suche in Bagdad auch Forensiker für eine DNA-Analyse beteiligt. Woher sie das dazu nötige Vergleichsmaterial haben, ist indes unklar. Die Gerüchte um Saddam und seine Entourage werden wohl so schnell nicht abreißen. INGA ROGG