Ärger über Lloyd-Werft

Die Stellenabbau-Pläne der zum Teil landeseigenen Lloyd-Werft beschäftigen den Hafenausschuss. Abgeordnete und Ressort fühlen sich übergangen. Ein Investor geht offenbar auf Distanz

Von Christian Jakob

Man ist verstimmt. Es herrsche „große Fassungslosigkeit in allen Parteien“, sagt der Vorsitzende des Hafenausschusses der Bremischen Bürgerschaft, Martin Günthner (SPD). Die Hafenpolitiker hat aufgebracht, dass das Management der Bremerhavener Lloyd-Werft laut darüber nachgedacht hat wegen der Finanzkrise 120 der 500 Stammbeschäftigten zu entlassen – ohne das Land als Gesellschafter zu informieren. Überhaupt sei die Finanzkrise ein „vorgeschobenes Argument“ sagt Günthner. Es gehe offensichtlich darum, künftig weniger der teuren Stamm- und dafür mehr günstige Leiharbeiter zu beschäftigen.

Heute tagt der Hafenausschuss und der grüne Hafenpolitiker Frank Willmann will das Lloyd-Management dazu auffordern lassen, dem Land „Bericht über die wirtschaftliche Lage und die Perspektiven des Unternehmens“ zu erstatten. „Es kann nicht sein, dass wir erst Steuergelder zur Sicherung der Werft einsetzen, und dann zuschauen sollen, wie diese einen massiven Arbeitsplatzabbau plant,“ sagt Willmann. Dass Beschäftigte und das Land mehr oder weniger zufällig von den Plänen erfahren haben, „das geht gar nicht“.

Am letzten Freitag hatte das Historische Museum in Bremerhaven Lloyd-Manager Werner Lüken zu einem Vortrag eingeladen. Da habe Lüken seine Personalabbau-Überlegungen offenbart und diese mit der Finanzkrise begründet. Bereits Anfang des Jahres gab es Gerüchte, das Management wolle 60 Beschäftigte entlassen, berichten Günthner und Willmann. Doch die nun von Lüken in den Raum gestellte, doppelt so große Zahl von Entlassungen sei überraschend gekommen.

Die beiden Politiker haben vor allem deshalb kein Verständnis für die Geschäftsführung, weil die Werft neben den 500 Stammbeschäftigten derzeit rund 1.000 LeiharbeiterInnen beschäftige. Es sei überhaupt nicht einsichtig, wieso ausgerechnet die gut ausgebildete Stammbelegschaft verkleinert werden solle, statt im Zweifelsfall die Anheuerung von LeiharbeiterInnen einzuschränken. Für Bremerhaven sei dies „völlig fatal,“ urteilt Günthner.

Ob die wirtschaftliche Lage der Werft solche Maßnahmen überhaupt erforderlich macht, ist fraglich: Erst am Tag vor Lükens Vortrag hatte Lloyd von der TUI Cruises einen 50-Millionen-Euro-Auftrag für den Umbau eines Kreuzfahrtschiffes erhalten. Ab kommenden März soll die Werft die Außenkabinen des Luxusliners „MS Galaxy“ um Balkone oder Veranden erweitern.

Häfensenator Ralf Nagel (SPD) hatte zu den Plänen gesagt, man erwarte „von der Werft ein Zukunftskonzept und kein Personallabbaukonzept.“ Das Lloyd-Management war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

2004 war die traditionsreiche Werft in massive Schwierigkeiten geraten, weil das Kreuzfahrtschiff „Pride of America“ nach einem Sturm im Dock umkippte. Nachdem 2006 ein Brand auf dem Werftgelände ausbrach, stiegen das Land Bremen mit 13,6 und die italienische Staatswerft Fincantieri mit zunächst 21,9 Prozent bei Lloyd ein. Fincantieiri erhielt damals die Option, Anfang 2009 unter anderem die Anteile des Landes aufzukaufen und damit zum Mehrheitsgesellschafter aufzusteigen. Dies ist nun fraglich.

„Bei seinem Vortrag hat Lüken so nebenbei erklärt, dass Fincantieri wackelt,“ sagt Willmann. Es „wäre seine Pflicht gewesen, vorher den Dialog mit dem Land aufzunehmen“. Außerdem habe Lüken die Übernahme durch seine Äußerungen gefährdet: „Natürlich schreckt das einen Investor ab, wenn öffentlich so geredet wird,“ sagt Willmann. Dass Lüken im selben Atemzug öffentliche Zuschüsse für ein neues Großdock gefordert hat, setze dem Ganzen die Krone auf.

Auch das Wirtschaftsressort ist nicht begeistert über die Informationspolitik Lükens. „Unsere Wahrnehmung deckt sich hier mit der der Grünen,“ sagt Ressortsprecher Holger Bruns. Es sei derzeit „völlig offen“, ob und inwieweit Fincantieri sein Engagement ausweiten werde.