Auf Rekordgewinn folgt Jobverlust

Trotz eines 133,5 Millionen Euro Quartals-Gewinns will die Telekomfirma Freenet 1.000 Stellen abbauen. Die Elmshorner Mobilfunktochter Talkline wird ganz geschlossen, allein dort müssen 600 Mitarbeiter gehen

Der Telekommunikationsriese Freenet AG plant nach der Übernahme des Mobilfunkanbieters Debitel 1.000 seiner 7.700 Vollzeitstellen zu streichen. Das teilte die Unternehmenszentrale im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf am Donnerstag mit.

Der von Freenet-Chef Eckhard Spoerr geführte Vorstand strebe an, die zentralen Geschäftsfelder „schlanker aufzustellen“ und sich auf die „kundennahen Bereiche“ zu konzentrieren, lautet die offizielle Begründung des Unternehmens für den Job-Kahlschlag.

Das Mobilfunkgeschäft solle künftig klar im Mittelpunkt stehen, die DSL-Sparte dagegen verkauft werden – bisher fehlt allerdings ein ernsthafter Interessent. Der Konzern United Internet hatte vor wenigen Tagen erklärt, kein Interesse mehr an einer Übernahme zu haben.

Wie viele Beschäftigte beim Internetportal freenet.de in Hamburg gehen müssen, ist noch nicht bekannt. Klar ist jedenfalls, dass der Standort der Mobilfunk-Tochter Talkline in Elmshorn komplett dicht gemacht werden soll: Am Donnerstagvormittag wurden die 750 Elmshorner Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung darüber informiert. 600 von ihnen sollen ihren Arbeitsplatz verlieren, 150 in die Zentrale nach Büdelsdorf kommen. Bei der Debitel-Group in Stuttgart sollen 300 Stellen gestrichen werden.

Ein, höchstens zwei Jahre soll die Abwicklung dauern, dann sei in Elmshorn endgültig Schluss, hieß es. Die Beschäftigten reagierten empört. Es sei „unverständlich“, sagt ein Beschäftigter, dass Talkline dicht gemacht werde, obwohl das Unternehmen schwarze Zahlen schreibe. Die Elmshorner Bürgermeisterin Brigitte Fronzek (SPD) kündigte an, zumindest für den Joberhalt der 150 Mitarbeiter des Talkline-Callcenters „kämpfen“ zu wollen.

Erst Ende vergangener Woche hatte Freenet seine Quartalszahlen vorgelegt. Der Gewinn des Unternehmens vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen belief sich danach im dritten Quartal auf 133,5 Millionen Euro, der Umsatz überstieg erstmals die 1 Milliarde-Grenze.

Freenet hatte Debitel im Sommer übernommen. Das Unternehmen aus Büdelsdorf wurde dadurch mit 19 Millionen Mobilfunkkunden und rund 20 Prozent Marktanteil zum drittgrößten Anbieter in Deutschland – nach T-Mobile und Vodafone. Der bisherige Debitel-Eigner, der Finanzinvestor Permira, erhielt im Gegenzug eine Beteiligung von 24,99 Prozent an Freenet.

MARCO CARINI