Alles Möller

SPD Schleswig-Holstein stürzt ihren Parteichef Franz Thönnes und wählt Claus Möller zum Nachfolger. Heide Simonis wieder Spitzenkandidatin

von RÜDIGER EWALD

Einen derartigen Parteitag hat die schleswig-holsteinische SPD noch nie erlebt: Ein Vorsitzender erhält die rote Karte. Dass dem im Vorfeld des Parteitages am Wochenende in Bad Segeberg immer wieder kritisierten Landeschef Franz Thönnes (taz berichtete) das Vertrauen entzogen würde, damit hatte ernsthaft niemand gerechnet. Zumal vor dem Parteitag in einigen Kreisverbänden erfolglos versucht worden war, eine personelle Alternative für den 47-Jährigen aufzubieten, galt die Wiederwahl als sicher. Und doch fiel der Bundestagsabgeordnete aus Ammersbek durch.

Nur 65 von 137 Delegierten stimmten am Samstagabend für Thönnes. Der Parteitag wurde daraufhin bis Sonntag früh unterbrochen, es folgten nächtliche Krisensitzungen. Mehrere Delegierte kritisierten, Thönnes habe „eine miserable Kandidatenrede“ gehalten, er sei „zu wenig selbstkritisch“ gewesen.

Das Aus für Thönnes lähmte die Partei jedoch nur kurz. Nach 22 Uhr stand fest, dass der seit wenigen Wochen seinen Ruhestand genießende Claus Möller in die Bresche springen würde. Unter den Delegierten war ein Aufatmen spürbar. Die Akzeptanz von Möller in der Partei ist sehr hoch. In seiner Vorstellungsrede erfüllte der Ex-Finanzminister die Ansprüche, die die Partei an ihn stellt.

Er stellte sich der politischen Auseinandersetzung mit der CDU, kündigte eine inhaltliche Debatte über die Zukunft des Sozialstaates an, die bisher unterblieben war, und gab den Delegierten, was sie vermisst hatten: sozialdemokratische Nestwärme. Das Ergebnis war entsprechend eindeutig: 130 von 134 Stimmen für den Mann, der sich als Interimslösung zur Verfügung stellt. In den kommenden zwei Jahren muss er die Partei durch die Europawahl und dann in den Landtagswahlkampf führen. Bis dahin muss, das ist der Partei klar, ein Nachfolger aufgebaut werden.

Aber nicht für Heide Simonis. Die Regierungschefin wurde einstimmig zur Spitzenkandidatin für 2005 gewählt. In einigen Punkten ihrer Kandidaten-Rede ging die 59-Jährige auf Distanz zur Politik der Bundesregierung. Das Konzept von Bundeskanzler Gerhard Schröder zur Senkung der Lohnnebenkosten sei richtig, gehe aber nicht weit genug. Bei der Reform der sozialen Sicherungssysteme dürfe sich die Regierungspolitik nicht wieder im Klein-Klein verheddern. „Wir versprechen viel und können es nicht halten“, kritisierte Simonis.

Das soll jetzt anders werden.