Unglück im Glück

Borussia Mönchengladbach gleicht in Stuttgart spät aus und ärgert sich dennoch über zwei verlorene Punkte

STUTTGART taz ■ Holger Fach wirkte nach dem 1:1 in Stuttgart nicht wirklich glücklich. „Ich kann jetzt nicht in die Kabine gehen und mich freuen“, sagte er. „Wie wir in der Schlussminute unsere Chance zum Sieg vertändelt haben, war fahrlässig.“ Nach einem Konter sahen sich drei Borussen mit nur einem Stuttgarter konfrontiert, doch das grüne Trio verweigerte kollektiv den Torschuss. Bernd Korzynietz legte dem schlechter postierten Igor Demo auf, und am Ende fehlten Zentimeter zum großen Gladbacher Glück.

Die beiden Zehnerformationen lieferten ein freudloses Gekicke im Daimler-Stadion ab. „Wir hatten Angst das 1:0 zu verlieren und haben uns selbst aus dem Spiel genommen“, bemängelte Stuttgarts Teammanager Felix Magath. Noch im Spätherbst siegte seine Jugendbande wie selbstverständlich vor sich hin und entfaltete vor allem in der Champions League ihren Zauber. Die jungen Wilden sind aber längst nicht mehr unverwundbar. Magath sieht die Ursachen auch in der dunklen Seite des Erfolges. Zu viele Schulterklopfer und PR-Termine lenken sein Ensemble von der Arbeit ab. „Den Spielern fehlt dann die Zeit, sich zu erholen.“

Felix Magath hatte vor seinem Jubiläum ein bisschen länger vor dem Kleiderschrank gestanden als sonst und sich dann für eine goldfarbene Krawatte entschieden. „Ich habe mich extra fein gemacht für mein 100. Spiel als Trainer, aber es hat nicht viel geholfen“, sagte Magath. Das schwache Spiel gegen Borussia Mönchengladbach wird sich Felix Magath wohl nicht als erinnerungswürdigen Termin für seine Vita notieren. Die frühe Führung durch Imre Szabics (5.) gab dem Tabellendritten keine Sicherheit, und der Platzverweis von Boris Zivkovic (34.) warf den VfB dann völlig aus der Bahn. Ein Bruch im Spiel, der sich auch nicht auflöste, als Mönchengladbach in der 43. Minute Enrico Gaede durch Gelb-Rot verlor.

Gladbach fand jedenfalls den Weg zurück und traf durch Vaclav Sverkos sechs Minuten vor dem Ende. Der erste Punkt für die Fohlen in diesem Jahr. Nach fünf Siegen in sechs Spielen vor der Winterpause träumte die Vereinsführung gar vom Europapokal. Die Niederlagen gegen Köln und Bremen zeigten den Gladbachern jedoch, dass ihre Vorstellungen von einer großen Zukunft inzwischen einen gefährlichen Vorsprung auf die Realität herausgearbeitet haben. Da kommt das Remis in Stuttgart zur rechten Zeit.

„Schade. Aber vor der Partie hat uns niemand einen Punkt zugetraut. Wir kommen langsam in die Gänge“, analysierte Keeper Jörg Stiel. Und so suchte auch Holger Fach letztlich Trost in den positiven Ansätzen. „Was die jungen Spieler gezeigt haben, das macht Freude. Da kann etwas wachsen.“ Vor allem die Zugänge Thomas Broich und Ruben Gonzales Rocha bekamen Streicheleinheiten vom strengen Trainer. „Thomas war der beste Mann auf dem Platz und Ruben wird uns noch weiter helfen.“ Beim Gegentor sprang der Ruben zwar nicht hoch genug, doch dann fügte sich der Mann aus Madrid harmonisch in Gladbachs Viererkette ein. Nach dem Schlusspfiff herzte er die Mitspieler und trotzdem war es kein ganz guter Tag für Ruben. Er hatte sich im Spiel die Schulter ausgekugelt und musste nach dem Abpfiff ins Krankenhaus.

ELKE RUTSCHMANN