Oppositionsbündnis feiert Prodi

Romano Prodi, Präsident der EU-Kommission, will in die italienische Politik zurück – gegen Berlusconi

Wie ein kleiner Junge vor einer übergroßen Geburtstagstorte strahlte Romano Prodi, als ihn am Samstag tausende Anhänger bejubelten. Er war der unbestrittene Star der zweitägigen „Convention“ in Rom, auf der das Gros der Mitte-links-Opposition die gemeinsame Liste für die Europawahlen aus der Taufe hob, und das, obwohl er gleich klar machte, dass er selbst nicht kandidiert, da sein Mandat als EU-Kommissionspräsident noch bis Ende Oktober läuft. Ohne Prodi also in den Wahlkampf? Von wegen. Große Lettern hinter dem Rednerpult verkündeten: „Geeint im Ölbaumbündnis. Mit Prodi.“

Und der da am Samstag redete – das war nicht der Kommissionspräsident, das war der italienische Oppositionsführer, endgültig auf den Schild gehoben durch die begeisterte Akklamation der Delegierten der dreieinhalb Parteien, die ihr Listenbündnis beschlossen haben: der Linksdemokraten, der Margherita, der Sozialisten und eines Splitters der Republikanischen Partei. Tiefe Genugtuung muss Prodi gefühlt haben, als er Punkt für Punkt mit der Regierung Berlusconi abrechnete, immer wieder von Beifall unterbrochen, ohne den Namen des Ministerpräsidenten auch nur einmal in den Mund zu nehmen. Genugtuung vor allem gegenüber der eigenen Koalition, die ihn im Oktober 1998 schnöde abserviert und dann nach Brüssel expediert hatte. Ihn, der 1996 Berlusconi geschlagen, dann als Ministerpräsident Italien in den Euro geführt hatte – der aber unter dem Manko litt, im eigenen Bündnis keine Hausmacht zu haben.

Denn der Politiker Prodi war ein Geschöpf von anderer Gnaden. Er kannte zwar die Ganglien der Macht perfekt, hatte aber immer als intellektueller Technokrat gewirkt. „Il Professore“, der in den Achtzigern und dann noch einmal 1994/95 die Staatsholding IRI leitete, fiel vor allem durch Korrektheit und Unbestechlichkeit auf. Entdeckt wurde er als Anti-Berlusconi 1995, weil er der einzige Mann der Opposition war, der sowohl den linken als auch den konservativen Kreisen gefiel. Und weil er auch persönlich als der Fleisch gewordene Gegenentwurf zu dem rechten Medientycoon erschien, einer, dessen bevorzugtes Fortbewegungsmittel nicht der Privatjet, sondern das Fahrrad ist.

So schlug Prodi Berlusconi – wurde dann aber in die Wüste geschickt, als die Parteiführer des Ölbaumbündnisses ihr Aushängeschild für überflüssig hielten. Doch sie mussten erkennen, dass es ohne Prodi gegen Berlusconi nicht geht, und riefen ihn jetzt reuevoll zurück.

Mittlerweile aber diktiert Prodi die Konditionen: Er verlangte letzten Sommer die Einheitsliste der chronisch zerstrittenen Oppositionsparteien, als ersten Schritt zur „Liste Prodi“, die 2006 gegen den amtierenden Ministerpräsidenten antreten wird. Und die, dann 10 Jahre nach dem ersten Duell des „Professore“ mit dem TV-Strahlemann, gute Siegesaussichten hat. Jedenfalls klang Berlusconis Kommentar vom Samstag – „wir werden Prodi schlagen“ – schwer nach Pfeifen im Walde. MICHAEL BRAUN