Zyprioten zu einer Einigung verurteilt

Nach der Grundsatzeinigung in New York warnen griechische und türkische Zyprioten vor schweren Detailverhandlungen. Die Zustimmung der griechischen Volksgruppe zu einem gemeinsamen Bundesstaat mit getrennten Kantonen ist noch nicht sicher

VON JÜRGEN GOTTSCHLICH
UND KLAUS HILLENBRAND

Nach der grundsätzlichen Einigung auf eine Überwindung der Teilung Zyperns am Freitagabend in New York beginnen in dieser Woche die Detailverhandlungen in Nikosia. Doch anders als in dutzenden Gesprächsrunden der vergangenen Jahrzehnte sind die Möglichkeiten, den gefundenen Kompromiss noch zu zerreden, begrenzt. Zyperngriechen und -türken haben UN-Generalsekretär Kofi Annan die Vollmacht erteilt, in Streitfällen als neutraler Schiedsrichter zu fungieren und damit strittige Formulieren in der künftigen Verfassung selbst zu formulieren. Fest geschrieben sind auch getrennte Volksabstimmungen, bevor ganz Zypern am 1. Mai der EU beitreten soll.

Die Zustimmung der Zyperntürken zur Gründung des Bundesstaats gilt als nahezu sicher. Schon bei den Parlamentswahlen im letzten Dezember votierten mehr als 50 Prozent für Parteien, die den Annan-Plan unterstützen. Sollte auch Verhandlungsführer Rauf Denktasch einer endgültigen Vereinbarung zustimmen, dürfte sich diese Zahl noch erhöhen. Doch ob der bisherige Hardliner Denktasch tatsächlich Kreide gefressen hat, bleibt abzuwarten.

So gut wie in diesen Tagen dürfte sich Denktasch schon lange nicht mehr gefühlt haben. Seit der Einigung in New York wird er von allen Seiten gefeiert. „Denktasch“, so der türkische Außenminister Abdullah Gül, habe „einen historischen Weg zu Frieden und Freiheit beschritten“. Gleichzeitig warnte Gül aber vor allzu viel Euphorie. „Es liegt noch viel Arbeit bis zu einer endgültigen Einigung vor uns.“ Tatsächlich wird es in den nächsten Wochen zwischen der griechischen und türkischen Seite wohl hart zur Sache gehen.

Für Denktasch, aber auch Ministerpräsident Mehmet Ali Talat und die türkische Regierung in Ankara wird es dabei vor allem darum gehen, ihre Souveränität in dem türkischen Kanton möglichst umfangreich zu sichern. Das Trauma der türkischen Zyprioten ist es, wieder zur Minderheit im eigenen Land zu werden. Deshalb wird man genau darauf achten, dass die Sicherungen, die im Annan-Plan eingebaut sind und die verhindern sollen, dass nach einer Einigung tausende von Griechen in den Norden zurückkehren wollen, auch penibel eingehalten werden. Weiterhin problematisch aus türkischer Sicht sind einige Gebietsabtretungen, weil dort der Großteil der vorhandenen Wasservorräte liegt, auf die man nicht verzichten will. Deshalb möchte man diese Gebiete zu gemischten Siedlungszonen machen.

Unter den griechischen Zyprioten gibt es deutlichere Vorbehalte gegenüber dem Annan-Plan zur Wiedervereinigung der Insel. Präsident Tassos Papadopoulos hatte im Vorfeld der New-Yorker-Gespräche die Schiedsrichterrolle der Vereinten Nationen abgelehnt, musste sich aber dem starken Druck beugen. Auch sein Verlangen, der EU eine stärkere Rolle im Verhandlungsprozess zuzubilligen, konnte Papadopoulos nur sehr begrenzt durchsetzen.

Bei seiner Rückkehr aus New York warnte Papadopoulos vor schwierigen und langen Verhandlungen. Sollte eine Einigung nicht zustande kommen, könnte es auch keine Konfliktlösung geben, sagte er weiter und widersprach damit indirekt dem in New York verabredeten Procedere einer Schiedrichterrolle für Kofi Annan.

Die zyperngriechische Regierung verlangt, dass Flüchtlinge aus dem Krieg von 1974 rasch wieder in ihre alte Heimat im Norden zurückkehren dürfen. Ferner wünscht man sich höhere Entschädigungen für verlorenes Eigentum und möchte die Zahl der in den Norden immigrierten Türken vom Festland verringern. Doch alle diese Punkte dürften auf den Widerstand der türkischen Zyprioten stoßen.

Von den vier im Parlament vertretenen größeren Parteien unterstützt bisher nur die oppositionelle Disy den Annan-Plan vorbehaltslos. Zum Schlüssel für eine Zustimmung der Bevölkerung könnte die Haltung der postkommunistischen Akel-Partei werden. Die größte Partei unter den Zyperngriechen ist in der Koalitionsregierung von Papadopoulos vertreten. Bisher teilt Akel die kritische Haltung des Präsidenten.