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In Spanien werden Straßenfeste fürs Buch gefeiert, in Bremen werden immerhin die Schaufenster dekoriert

Es geht nicht um „kognitive Fähigekiten“, es geht um die Lust am Lesen

Luise Scherf, Bremens First Lady, ließ es sich noch nicht einmal an ihrem Geburtstag nehmen, bei der Pressekonferenz zum „Tag des Buches und des Urheberrechts“ zu erscheinen. Und sie hatte auch gleich das passende Beispiel zur Hand: „Einer der schönsten Anblicke, die es gibt, ist, wenn ein Kind auf einer Familienfeier sitzt und liest und ganz weit weg ist“, zitiert sie Astrid Lindgren und wirbt als Schirmherrin des Festtages am 23. April für die Lust am Lesen. Es wird ganz nebenbei auch die erste Veranstaltung im Alten Polizeihaus, der neuen Heimat der Zentralbibliothek sein.

Denn das schlechte Abschneiden der deutschen Schüler in Sachen Lesekompetenz bei der Pisa-Studie berge noch eine andere Gefahr. Die nämlich, dass das Buch und das Lesen nur noch unter Verwertungsaspekten gesehen würden. Nach dem Motto, Harry Potter steigert die kognitiven Fähigkeiten. Aber darin eben, so Scherf, erschöpfe sich der Sinn des Buches lange nicht.

Focko Wortmann, der in Bremen und Bremerhaven den Börsenverein des Deutschen Buchhandels vertritt, mögen noch andere Sorgen umtreiben: Sinkende Absatzzahlen bei den Print-Medien schreien geradezu nach ein paar sinnvollen Promotion-Aktionen für die gute Sache „Buch“.

Auf Bundesebene wird der Börsenverein zeitgleich in fünf Städten literarische Diskussionen veranstalten. Je zwei ungleiche Prominente besprechen zum einen Literaturklassiker, zum anderen ein Stück Popschreibe. Beteiligt sind Leute wie Hellmuth Karasek, Smudo, Friedrich Nowottny und Götz Alsmann. Gestritten wird unter anderem über Stuckrad-Barres „Soloalbum“, über „Die Odyssee“ und den „Werther“. In Bremen werden die beteiligten Buchhändler immerhin ihre Schaufenster dem Anlass entsprechend dekorieren.

Einen Festtagsrabatt von zehn Prozent werden die deutschen Buchhändler aber nicht gewähren – den gibt es nur in Spanien, dem Ursprungsland des Buch-Tages. Seit 1926, so Manfred Bös vom Instituto Cervantes, das die Festlichkeiten mitorganisiert, würden überall in Spanien Straßenfeste für das Buch und das Lesen gefeiert. In Bremen geht es dagegen etwas staatsoffizieller zu. Neben dem reichhaltigen Programm im Polizeihaus am Wall lesen Kultursenator Kuno Böse (CDU), Werder-Präsident Jürgen Born und der Bremer Schriftsteller Jürgen Alberts am 23. April im Rathaus Auszüge aus „Don Quijote“ – auf Spanisch.

till stoppenhagen