Hartzer Schlag ins Wasser

Für den DGB-Landeschef Dieter Scholz ist die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung „verheerend“. In der Region wirkt sie sich katastrophal aus. Mini-Jobs, Ich-AG und Zeitarbeit bringen nur wenig

von RICHARD ROTHER

Ein paar Wochen vor dem 1. Mai werden Gewerkschafter traditionell besonders aktiv. Für DGB-Landeschef Dieter Scholz gibt es aber noch einen aktuellen Grund, sich in die Debatte um die arbeitsmarktpolitischen Pläne der Bundesregierung einzumischen: „Die Arbeitsmarktpolitik ist verheerend.“ Zurzeit vollziehe sich ein dramatischer Kurswechsel, der insbesondere für Ostdeutschland – also auch für Brandenburg und Berlin – katastrophale Folgen habe. Scholz kündigte der rot-grünen Bundesregierung verschärfte Auseinandersetzungen an: „Der Druck wird zunehmen.“ In einem Brief an SPD-Landeschef Peter Strieder warf Scholz den Sozialdemokraten vor, dass sich die Partei von sozialer Gerechtigkeit und Solidarität verabschiedet habe.

Die geplanten Veränderungen am Arbeitsmarkt bezeichnete Scholz als „historischen Vorgang“. Scharf kritisierte er Vorhaben wie die Absenkung und Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf Sozialhilfeniveau. Das diene „dem Aufbau eines Zwangssystems zur Aufnahme von Niedriglohnarbeit“. Allein in Berlin und Brandenburg fehlten derzeit 700.000 reguläre Stellen, so Scholz. In diesem Jahr werde die Arbeitslosigkeit noch ansteigen. Da das Landesarbeitsamt in diesem Jahr rund 300 Millionen Euro weniger zur Verfügung habe, werde sich auch die Entlastung durch die aktive Arbeitsmarktpolitik in Grenzen halten.

Hart ins Gericht ging Scholz mit dem Hartz’schen Instrumentarium. Mini-Jobs, Ich-AG und Personal Service Agenturen würden angesichts des eklatanten Arbeitsmarktmangels nicht zum Job-Boom führen. Die arbeitsmarkpolitischen Patentrezepte wie das Mainzer Modell oder das Job-Aqtiv-Gesetz seien ein Schlag ins Wasser gewesen. Abhilfe könnten nur eine Reform der Gemeindefinanzen sowie ein Investitionsprogramm für die finanziell gebeutelten Kommunen schaffen, sagte Scholz. Denkbar sei beispielsweise, den Verteilungsschlüssel für Steuereinnahmen zugunsten der Kommunen zu verändern. Hinzu kämen der Einsatz der Vermögens- und Erbschaftssteuer, auch die Unternehmen müssten wieder mehr Steuern zahlen.

Eigentlich, so der Berliner Gewerkschaftsboss, sei genug Geld da in diesem Land – es sei nur ungerecht verteilt. Das aber sei nicht nur sozial-, sondern auch wirtschaftspolitisch falsch. „Mit Geld ist es wie mit Mist. Nur gut verteilt bringt es Erträge.“