Betriebsräte sollen mitlenken

Der Chef der kommunalen Klinik-Holding, Diethelm Hansen, hat sich mit den Betriebsräten über einen „Lenkungsausschuss“ geeinigt. Dank Personalabbau machen die derzeit kein Defizit mehr

Von KLAUS WOLSCHNER

Diethelm Hansen, der Chef der Klinik-Holding „Gesundheit Nord“ (Geno), mag das Wort „Sanierung“ nicht gern im Zusammenhang mit seinem Unternehmen, überhaupt mag er kritische Pressemeldungen nicht. Etwa über zunehmende „Überlastanzeigen“ der Klinik-MitarbeiterInnen. „Bei den Freigemeinnützigen hören Sie nie von so etwas“, beklagt er sich über die ungleichen Wettbewerbsbedingungen – mehr Personal hätten die aber auch nicht. Gestern konnte Hansen gleich zwei positive Nachrichten verkünden: Das Defizit der kommunalen Kliniken wird für 2008 deutlich geringer ausfallen, als die Prognose noch zu seinem Amtsantritt besagte, und mit den Betriebsräten hat der Klinik-Chef einen „Lenkungsausschuss“ vereinbart, in dem alle wesentlichen Dinge gemeinsam beraten werden sollen, um im Vorfeld einen Konsens anzustreben – und um öffentliche Kontroversen zu vermeiden.

Beides ist für die kommunalen Bremer Kliniken sensationell. Zehn Millionen Euro Minus, das sei die Prognose für 2008 gewesen, als er im April anfing, berichtete Hansen. Inzwischen würden nur ein Minus von rund drei Millionen erwartet – bei einem Umsatz von fast 500 Millionen Euro.

Jahrelang haben Bremens Gesundheitspolitiker behauptet, die laufenden Defizite, die vor allem im Klinikum Bremen-Mitte anfallen, seien unvermeidlich, weil die „Pavillon-Struktur“ dort so antiquiert und teuer sei. Im September und auch im Oktober 2008 haben die bremischen Kliniken gezeigt, dass es anders geht: Sie haben mit ausgeglichenem Etat gewirtschaftet. Was die Frage aufwirft, ob die Klagen über die alte Bausubstanz nur Ausreden waren für mangelnde Unternehmensführung.

Die überraschende Ergebnisverbesserung erklärt Hansen mit zwei Effekten: Die kommunalen Kliniken haben knapp ein Prozent mehr Patienten behandelt – bei weniger Personal. 250 Vollzeitstellen von der Art, wie sie bis Ende 2008 abgebaut werden sollen, kosten im Jahr 12 Millionen Euro im Jahr, sagt Hansen. Ein Teil dieses Einspareffekts sei schon seit dem Sommer 2008 wirksam geworden. Der Neubau des Klinikums Mitte ist dennoch notwendig – umfangreicher als früher geplant, als Investition in die „Zukunftssicherung“ der kommunalen Kliniken.

Bisher hatten die Kliniken ihr strukturelles Defizit – im Jahre 2007 waren das 8,5 Millionen Euro – über einen „Betriebsmittelkredit“ der Stadt Bremen finanziert, obwohl es kaum Hoffnung gab, dass solche Defizite zeitnah aus Gewinnen zurückgezahlt werden können. Das will der Senat in Zukunft unterbinden.

Die Betriebsräte haben trotz des Personalabbaus offenbar ein vertrauensvolles Arbeitsverhältnis mit der neuen Klinik-Leitung entwickelt. „Extrem konstruktiv“ seien die Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung gewesen, sagt Hansen. Und Monika Rüßmann, die Gesamtbetriebsrats-Chefin, sitzt daneben und nickt eifrig.

Das ist ein neuer Stil: Hansen-Vorgänger Wolfgang Tissen hatte die Betriebsräte gespalten und sich mit drei von vieren überworfen, als er im Frühjahr 2005 sein einsam erarbeitetes „Strategiekonzept“ auf den Tisch legte. Davon blieb nach der fachlichen Kritik aus den Kliniken wenig übrig – außer dem auf Jahre zerstörten Betriebsklima. Diethelm Hansen hatte nach seiner Ankündigung eines erheblichen Stellenabbaus im Sommer zu spüren bekommen, wie schwer es ist, einsam zu regieren. So etwas wird nicht mehr passieren – dafür soll einen „Lenkungsausschuss“ geben, zusammengesetzt aus Vertretern der vier Kliniken auf Belegschafts- und Unternehmensseite und der Spitze der Holding. Da wolle man „die Zukunft gemeinsam gestalten“, sagt Betriebsrätin Monika Rüßmann. In dem Entwurf für eine Betriebsvereinbarung steht: „Der Lenkungsausschuss trifft seine Beschlussvorschläge, die er der Geschäftsführung der Gesundheit Nord unterbreitet, möglichst einvernehmlich.“ Das sei eine „erweiterte Mitbestimmung“, erklärt Hansen, und für ihn genauso eine Voraussetzung für das Gelingen der Sanierung wie die Zustimmung der Finanzsenatorin zu Neubau-Bürgschaft und Altschulden-Übernahme.