Letzte Chance für Toll Collect

Bundesregierung will heute endgültig über Lkw-Mautvertrag entscheiden. Nach Expertengesprächen vom Wochenende „ist das Rennen noch vollkommen offen“

BERLIN rtr/dpa/afp ■ Die Bundesregierung will nach Angaben des Verkehrsministeriums heute bei einem Spitzengespräch endgültig entscheiden, ob sie weiter mit dem Maut-Betreiber-Konsortium Toll Collect zusammenarbeiten will.

Nach internen Beratungen beider Seiten über die Verhandlungsrunden des Wochenendes werde es heute ein weiteres Gespräch zwischen Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) und dem Betreiberkonsortium um Deutsche Telekom und DaimlerChrysler geben, sagte Ministeriumssprecher Felix Stenschke gestern. Dann solle eine endgültige Entscheidung getroffen werden, ob man weiter mit dem Konsortium arbeiten wolle oder ob der Maut-Vertrag gekündigt werde. „Das Rennen ist vollkommen offen.“ Zwar seien nur noch Details zu klären. Es sei aber offen, ob hier eine akzeptable Lösung gefunden werden könne.

Das Konsortium hat einen Maut-Start zunächst in einer vereinfachten Variante ab Ende 2004 vorgeschlagen und fordert eine Haftungsbeschränkung bei einem Versagen des Systems auf 500 Millionen Euro. Die bisherige Vereinbarung sieht eine quasi unbegrenzte Haftung vor. Bliebe es bei der von Toll Collect akzeptierten Haftungsgrenze von 500 Millionen, würde sich das Risiko für den Bund mit jährlich 2,3 Milliarden Euro bis weit in das nächste Jahrzehnt fortschreiben.

Die durch die Mautausfälle entstandene gewaltige Lücke im Bundesverkehrshaushalt 2004 soll durch Kredite verkleinert werden. Darüber gibt es in der rot-grünen Koalition jetzt grundsätzlich Einvernehmen, hieß es gestern in Fraktionskreisen. Einen Teil im Umfang von 900 Millionen wolle Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) Bahnchef Hans Mehdorn als Kreditaufnahme der Bahn vorschlagen. Um den Rest der Mautausfälle werde in den nächsten beiden Wochen mit Eichel verhandelt, hieß es.

Im Falle des Scheiterns der Gespräche will Stolpe sofort Alternativen prüfen, um nicht zu viel Zeit bis zur Maut-Einführung zu verlieren. Dazu gehören die Wiedereinführung der Eurovignette und Ausschreibungen, bei denen auch die internationalen Anbieter für ein Mikrowellensystem zum Zuge kommen könnten, wie es in Österreich oder der Schweiz funktioniert.