Contrescarpe-Rasen: Grüne zeigen Bremen an

Darf Bremen ein Grundstück verschenken? KPS bekam 509 Quadratmeter umsonst. Grüne stellen Strafanzeige

Bremen taz ■ Matthias Güldner, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, hat gestern bei der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige abgegeben. Die Ermittler sollen klären, ob es den Tatbestand der Untreue erfüllt, wenn Vertreter der Stadt kommunales Grundeigentum einem Unternehmer schenken. Die Stadt hat dem Unternehmer Klaus-Peter Schulenberg das Eigentum an 509 Quadratmeter bester Innenstadt-Lage übertragen, ohne dass der dafür einen Cent zahlen musste.

„Als wir in der Bürgerschaft nachgefragt haben, hat Wirtschaftssenator Hartmut Perschau nicht einmal ein Problembewusstsein erkennen lassen“, empört sich Güldner. Auch die Fachpolitiker der Koalition haben den Vorgang hingenommen. Die Grünen wollten das aber nicht akzeptieren und sahen als letzte Möglichkeit, die Staatsanwaltschaft einzuschalten.

Eurogate ging leer aus

Als die KPS-Gruppe im Juli 2000 das so genannte Contrescarpe-Grundstück am Herdentorsteinweg kaufte, da musste sie für 1.360 Quadratmeter insgesamt 5,5 Millionen Mark zahlen, rund 2.000 Euro pro Quadratmeter. Die Eurogate, die ebenfalls Interesse an dem Grundstück hatte, musste sich mit einer schlechteren Lage abseits vom Bahnhof begnügen.

Mit der Begründung, der Firmensitz der KPS-Gruppe sollte nach Bremen verlegt werden, hatte die Stadt der KPS-Gruppe den Vorzug gegeben. Mit derselben Begründung waren die Vertreter der Stadt später bereit, das mit viel Steuergeld aufgebaute kommunale Ticket-Center „TSC“ Bremen an die KPS-Gruppe, die das konkurrierende System CTS betreibt, zu verkaufen. Die KPS-Gruppe sollte sich im Gegenzug für das Bremer Musicaltheater engagieren. Inzwischen ist „Hair“ abgesetzt, der Kaufpreis für das TSC bis heute nicht bezahlt. Der Firmensitz der CTS Eventim AG wurde 2002 wieder nach München verlegt, denn für ein Unternehmen dieser Branche sei München aus PR-Gründen besser geeignet.

Für das Contrescarpe-Grundstück hatte es einen Architektenwettbewerb gegeben, in dem ein ambitionierter Entwurf des Hamburger Büros Bothe-Richter-Teherani gewonnen hatte. Das schien dem Bauherren letztlich zu teuer, so dass er einen massiven Baukörper planen ließ und mehr Bauvolumen realisieren wollte als im Bebauungsplan vorgesehen war. Die Verhandlungen zogen sich hin, die normalerweise zuständige „Gesellschaft Bremer Immobilien“ (GBI) wies öffentlich darauf hin, dass eine stärkere Bauausnutzung zu einem höheren Grundstückspreis führe.

Die BIG sieht das anders

Bei Gewerbegrundstücken hat aber die staatliche Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) selbst die Verhandlungsführerschaft übernommen, und bei der BIG sieht man das anders. Die KPS-Gruppe konnte nicht nur aushandeln, das beim Grundstückskauf gültige Bauvolumen zu überschreiten, sondern schließlich auch noch ein Drittel mehr an Grund und Boden – 509 Quadratmeter mehr ohne Aufpreis. Begründung: Wenn KPS das Grundstück nicht 2000 gekauft hätte, sondern heute, hätte er weniger zahlen müssen, denn die Preise sind gesunken.

Die Begründung des Wirtschaftssenators in der Bürgerschaft, schließlich seien die Grundstückspreise heute niedriger als zum Zeitpunkt des Kaufs vor zwei Jahren, hat die Grünen auf die Palme gebracht. Denn der Vertrag war im Jahre 2000 geschlossen, bei Wertsteigerungen wird ja auch nicht über Nachzahlungen verhandelt. Der Wert des geschenkten Grundstücks nach aktuellen Preisen hätte mindestens 750.000 Euro betragen, sagt Güldner, das sei also ein Untreue-Vorgang von erheblicher Dimension. kawe