Keine Einseitigkeiten

Wegen seiner Kritik an israelischer Palästina-Politik oft angefeindet: Moshe Zuckermann liest in der Patriotischen Gesellschaft aus „Zweierlei Israel“

„Israel ist durch die Shoah zur Notwendigkeit geworden“, betont Moshe Zuckermann. „Wenn Juden meinen, in diesem Land ihr Land zu sehen, ist das keine Frage, über die ich mit Deutschen gut diskutieren kann.“ Dass der Direktor des Instituts für Deutsche Geschichte an der Universität Tel Aviv selbst das Existenzrecht im „Land der Mörder“ thematisieren muss, reflektiert die deutsche Diskussion. „Allzu oft wollen Leute hier mit mir über das Existenzrecht reden. Und ich sage denen: This is none of your damned bloody business.“ Jene, die das Gespräch mit Zuckermann wegen seiner Kritik an der israelischen Politik gegen die palästinensische Bevölkerung oder an der zionistischen Instrumentalisierung des Holocaust suchen, haben sich verirrt. Wie sehr, zeigt Zuckermanns neue Publikation Zweierlei Israel?, aus der er jetzt in der Patriotischen Gesellschaft liest.

Im Gespräch mit den Konkret-Autoren Thomas Ebermann, Hermann L. Gremliza und Volker Weiß werden weitere Irrtümer ausgeräumt. So erläutert der Sohn von Auschwitzüberlebenden, warum er nicht „Antizionist“ ist, sondern „Nichtzionist: Ein Antizionist ist a priori gegen Zionismus. Ein Nichtzionist ist einer, der den Zionismus a posteriori nicht mehr akzeptieren kann.“ Um verfälschenden Interpretationen gleich vorzubeugen, betont er: „Nach 1945 war das zionistische Projekt eine historische Notwendigkeit“ und betont, dass mit der „Gründung Israels“ die „große Katastrophe des palästinensischen Volks“ einherging.

Beides zusammen zu denken ist Zuckermanns Anliegen – ohne dass er das historische Leid der jüdischen Menschen und das aktuelle Elend der palästinensischen Menschen aufrechnete. Auch einseitige Einschätzungen lässt er nicht unwidersprochen. Weisen die Konkret-Autoren auf jubelnde Palästinenser bei Ermordungen von Juden hin, ergänzt er: „Wenn ihr das für die Tendenz der palästinensischen Gesellschaft haltet, müsst ihr euch auch mit den Tendenzen beschäftigen, die die israelische Gesellschaft nach rechts hat.“

Auch andere Widersprüche offenbart das Gespräch: „Mir fällt auf, dass wir in eine sehr interessante Rollenaufteilung geraten sind: Ihr wehrt meine vehemente Israelkritik ab, ich wehre eure vehemente Deutschlandkritik ab“, sagt Zuckermann. Nicht der einzig interessante Disput in dem konstruktiven Dialog.

Andreas Speit

Moshe Zuckermann: Zweierlei Israel?, Hamburg: Konkret Texte 34, 2003, 139 S., 12 Euro. Lesung: Fr, 18.4., 18.30 Uhr, Patriotische Gesellschaft, Trostbrücke 6