Bremen, Kanzlers Nebensache

Geheimsache oder sozialdemokratisches Entenrennen: Einen wahrhaftigen Kanzlerbesuch am 7. Mai in Bremen kann in Berlin niemand bestätigen

taz ■ „Der Kanzler macht keinen Bogen um Bremen!“ Entschlossen trat der Sprecher der Bremer Senatskanzlei, Klaus Schloesser, gestern an Journalisten heran, um eine „Ente“ zu erlegen, die durch Bremer Redaktionsstuben geistere. Ein „völlig unbegründetes und falsches Gerücht“. Dass nämlich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Wahlkampf der Bremer Sozialdemokraten nicht vorgesehen sei.

Das hatte so zwar auch niemand gemeldet. Sachlich richtig stand überall gedruckt, was Bürgermeister Scherf am Freitag Deutschlandradio Berlin gesagt hatte: Der Kanzler werde in Bremen keine öffentlichen Auftritte haben. Darüber habe er „ganz offen und einvernehmlich“ mit Gerhard Schröder geredet, so Scherf im Interview. Doch Titel wie „Scherf: Schröder kostet uns Stimmen“ (Hamburger Abendblatt) tun offenbar weh. Geflissentlich meldete die Nachrichtenagentur dpa gestern unter Bezugnahme auf Senatssprecher Schloesser: „Bundeskanzler Schröder (SPD) wird seine Bremer Genossen im Wahlkampf zur Bürgerschaftswahl unterstützen.“ Ohne Großkundgebung. Kanzler und SPD-Bürgermeister würden Betriebe im Land besuchen.

In Berlin jedoch kennt diese Pläne niemand. Nicht das Presseamt der Bundesregierung, nicht das Büro des Kanzlers – und auch nicht die zuständige Pressestelle des SPD-Parteivorstands. Dort heißt es im Gegenteil verwundert: „Am 7. Mai wird Herr Schröder doch bei der Regionalkonferenz in Hamburg sein.“ Zwar erst abends, aber die Terminlage sei, soweit bekannt, eng, und Termine des Kanzlers für gewöhnlich doch von langer Hand geplant. „Wir können einen solchen Termin nicht bestätigen.“ Das kann auch das meist gut informierte Büro von Regierungssprecher Béla Anda nicht: „So ein Termin ist schlicht nicht bekannt. Ich habe nichts vorliegen.“

Vorliegen hat auch DaimlerChrysler-Sprecher von Machui nichts. „Ich denke, der Kanzler kommt nicht nach Bremen?“, fragt er verwundert. Er wisse von keinem Kanzlerbesuch bei DaimlerChrysler am 7. Mai. „Außerdem kennt der uns doch.“ Grundsätzlich aber halte sich das Unternehmen aus Wahlkämpfen heraus, als Tabuzone gälten je sechs Wochen vor Wahlterminen – was Henning Scherf offenbar nicht weiß. Noch vergangenen Freitag in Berlin hatte der Bremer Bürgermeister vor Journalisten von einem Kanzlerbesuch bei DaimlerChrysler gesprochen. Aber noch scheint ja auch Schröder nicht zu wissen, dass er am 7. Mai Termine in Bremen hat. Ausweichtermine vielleicht, falls die SPD-Regionalkonferenzen wegen eines Parteitages im Juni ausfallen sollten. Bremen als Nebensache also. Was aber auch niemand bestätigen will. ede