Impfen gegen Aids – ein erster Test

Die Unikliniken in Bonn und Hamburg prüfen erstmals einen Impfstoff gegen Aids. Die Tierversuche waren erfolgreich. Nun untersuchen die Ärzte an rund 50 gesunden Menschen, ob das Mittel wirkt. Erste Ergebnisse erwarten sie in etwa einem Jahr

VON WOLFGANG LÖHR

In Deutschland wird jetzt erstmals ein Impfstoff gegen die Immunschwächekrankheit Aids getestet. In der ersten Testphase soll an rund 50 freiwilligen und gesunden Probanden untersucht werden, ob der Impfstoff mit der Bezeichnung „tgAAC09“ verträglich ist – und ob er das Immunsystem anregt, Antikörper gegen den Aidsvirus zu bilden.

Die Studie wird an den Universitätskliniken in Bonn und Hamburg durchgeführt. Außerdem sind zwei Kliniken in Belgien beteiligt. „Ein Erfolg wäre schon, wenn wir einen Impfstoff hätten, der die Anzahl der Viren nach einer Infektion drastisch reduziert“, sagte gestern Reinhard Kurth, Präsident des Berliner Robert-Koch-Instituts, als er die Studie vorstellte. Erste Ergebnisse sollen in 13 Monaten vorliegen. Sollten diese positiv ausfallen, werden dann noch acht bis zehn Jahre vergehen, bis der Impfstoff auf den Markt käme.

Von der Deutschen Aids-Stiftung (DAS) wurde die Impfstoffstudie, mit der noch im Februar begonnen werden soll, begrüßt. „Wir können den Kampf gegen Aids nur dann gewinnen, wenn wir an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfen“, sagte Ulrike Heide, vom DAS-Vorstand. „Während Deutschland auch weiterhin daran arbeiten wird, Aids mit den bestehenden Mitteln einzudämmen, so müssen wir doch gleichzeitig nach neuen Wegen suchen. Dabei nimmt ein Präventivimpfstoff eine führende Rolle ein“.

Entwickelt wurde der Impfstoff tgAAC09 in einem Forschungsprojekt des US-Unternehmens Targeted Genetics und dem „Columbus Children’s Research Institute“ (CCRI). Bei dem Mittel handelt es sich um eine gentechnisch veränderte Variante des harmlosen Adeno-assoziierten Virus. Die Forscher haben dem Virus einen Teil seiner Erbsubstanz entfernt und dafür eine künstlich im Labor nachgebaute Kopie eines Teils des Aidsvirus eingefügt.

Die gentechnische Variante ist in der Lage, die Produktion bestimmter HIV-Proteine anzuregen. Diese HIV-Bestandteile sollen das Immunsystem anregen, Antikörper gegen den Aidsvirus zu produzieren. Die Forscher hoffen, dass damit das Aidsvirus in Schach gehalten werden kann.

Bisher ist der Impfstoff nur im Tierversuch getestet worden. Diese seien vielversprechend gewesen, sagte Nazfa Qurishi, die den Bonner Teil der Versuche leitet. Die behandelten Versuchstiere entwickelten nach der Injektion HIV-Antikörper. In der jetzt anlaufenden Studie soll untersucht werden, ob dies auch beim Menschen geschieht – und wie der Impfstoff dosiert werden muss.

TgAAC09 könne sich im Körper weder vermehren „noch eine HIV-Infektion hervorrufen“, betonte Qurishi. Der Impfstoff sei deshalb ungefährlich. Da es sich um einen genveränderten Lebendimpfstoff handelt, musste die Kommission Somatische Gentherapie bei der Bundesärztekammer dem Test zustimmen.

Wirksam ist der Impfstoff gegen den HIV Subtypus C, der vor allem in Afrika und Südostasien verbreitet sei, erklärte Studienleiter Jan van Lunzen. Sollte der Impfstoff in die zweite Prüfungsphase gehen, so werden die weiteren Tests dort erfolgen müssen.