Bessere Sicht auf gelungenes Spiel

Durch ein 4 : 1 über den VfB Stuttgart hält der VfL Wolfsburg Anschluss nach oben. Wolfsburgs Trainer Felix Magath sah alles Wesentliche von der Tribüne aus: Der Schiedsrichter verwies ihn wegen einer „privaten“ Äußerung auf die Ränge

Zum ersten Mal hat Trainer, Manager und Geschäftsführer Felix Magath in Wolfsburg eine Anweisung nicht gegeben, sondern erhalten: Schiedsrichter Fleischer schickte den omnipotenten Chef des VfL in der Halbzeitpause auf die Tribüne, nachdem der zu ihm geeilt war, um ihm etwas mitzuteilen. Was eigentlich? Och, „zwei, drei Sätze“, sagte Magath später. Deren Inhalt sei privat, genau deshalb habe er sich ja auf den Weg zu Fleischer begeben. „Nachvollziehen“ kann Magath die Entscheidung nicht, während Fleischer sagt, er werde dessen Botschaft weitergeben – ans DFB-Sportgericht.

Das Gute an der Sache war, dass er dann ganz oben unterm Dach der VW-Arena „eine viel bessere Sicht als sonst hatte“, das sagte Magath auch noch. Was sich lohnte: Aus einem 0 : 1 machte der VfL in dieser zweiten Halbzeit einen 4 : 1-Erfolg über den VfB Stuttgart. Zweimal Grafite (51., 76.) und zweimal Džeko (79., 85.) trafen für Wolfsburg, das damit weiter zu jenen neun Teams gehört, die um Titel und internationale Qualifikation spielen.

Das Ergebnis kann man aus Wolfsburger Sicht als einen beeindruckenden Triumph eines sehr physischen Powerfußballs werten. Im Spiel gegen den Ball gewann das Team im Zweikampf oder beim kollektiven Jagen erstaunlich viele Bälle, im Spiel nach vorn führte die individuelle Klasse der Akteure zu flüssigem Kombinationsfußball.

Der kriselnde VfB Stuttgart dagegen, war „richtig bedient“, glaubt man Armin Vehs letzter Analyse als Trainer des Vereins: Am Sonntag wurde er entlassen und durch Interimsteamchef Markus Babbel ersetzt. Der Meister 2007 war eine Halbzeit ganz gut organisiert, dann ergab man sich dem Wölfe-Druck.

Matchwinner waren die beiden Angreifer im Wolfsburger 4 – 4 – 2: Der Brasilianer Grafite staubte zweimal mit links ab, der Bosnier Edin Džeko traf einmal per Fuß, einmal per Turban, nachdem er am Kopf verletzt worden war. „Schlecht für Kopf“, sagte er, „gut für Tor.“ Und Grafite antwortete auf die tendenziöse Frage, ob er und Džeko nicht eins der besten Sturmduos der Bundesliga seien: Ja, man sei schon ganz gut, aber die Besten, die er gesehen habe, seien die Leverkusener Helmes / Kießling.

Schauen wir uns die Fakten an: Stoßstürmer Grafite ist mit elf Toren Zweiter der Torschützenliste (plus drei Assists), der filigrane Reißer Džeko ist mit fünf Toren und sieben Assists Vierter in der so genannten Scorerliste. Džeko ist einer der wenigen, die vor Magath verpflichtet wurden und dennoch Zukunft in Wolfsburg und vielleicht darüber hinaus haben: dank einer Mischung aus Kopfballstärke, Durchsetzungsvermögen, Schnelligkeit und Technik.

Wolfsburg hat eine spielerisch und tabellarisch beeindruckenden Heimbilanz: sechs Siege, ein Remis. Damit ist man gleichauf mit Tabellenführer Hoffenheim. Um weiter nach vorn zu kommen, müsste man nun auswärts zulegen. Magath sagt, sein Team spiele von der Strategie her wie zu Hause: „Nach vorn“, das gelinge zu Hause offenbar besser. Er glaubt, dass man zu Saisonbeginn „einige Punkte verschenkt“ habe: in Bochum, in Berlin, beim KSC. Zuletzt habe man immerhin gegen „Tabellenführer, Tabellenzweiten und Bayern München gespielt“ – da war man ganz gut, aber nicht gut genug.

Nächste Gelegenheit: am Donnerstag im Uefa-Cup in Braga. Und am Sonntag bei Borussia Dortmund, einem direkten Konkurrenten im Kampf um Einzug in die Top-Fünf des deutschen Fußballs. Dortmunds Trainer Jürgen Klopp hatte zuletzt einen Schiedsrichter nach Spielende angesprochen – 12.000 Euro Strafe. „Irgendetwas sollte man den Trainern schon noch erlauben“, findet Magath. Vielleicht kann er mit Klopp eine Initiative gründen. PETER UNFRIED

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