Verfahren „wie noch nie“

Filzvorwürfen zum Trotz: Deputation wählt die Historikerin Sabine Bamberger-Stemmann zur neuen Chefin der Landeszentrale für politische Bildung

Die Deputation der Bildungsbehörde hat gestern Nachmittag die umstrittene Personalie zur Neubesetzung der Landeszentrale für politische Bildung mit der Mehrheit von CDU, Schill-Partei und FDP abgesegnet. Es habe „keine längere Diskussion gegeben“, sagte Behördensprecher Alexander Luckow im Anschluss. Damit stimmt die Deputation dem Vorschlag der Behörde zu, die Historikerin Sabine Bamberger-Stemmann zur neuen Leiterin der Landeszentrale zu machen, obwohl SPD und GAL gegen diesen Vorschlag Filzvorwürfe erheben: Bamberger-Stemmann steht der FDP nah, der Partei des Bildungssenators Rudolf Lange (taz berichtete gestern).

„Es gab ein Auswahlverfahren wie noch nie für diese Position“, weist Luckow alle Filzvorwürfe zurück. Immerhin habe es 114 Bewerbungen gegeben, und Bamberger-Stemmann habe doch „eine wissenschaftlich relevante Karriere“ vorzuweisen. Früher, und damit meint er SPD-Zeiten, seien solche Posten „nach ganz anderen Kriterien vergeben worden“. Dass Bamberger-Stemmann in der FDP sei, sei Zufall: „Wir verbieten ja den Bewerbern nicht, ein Parteibuch zu haben.“

SPD und GAL bleiben bei ihrem Argwohn. „Es ist zu befürchten, dass der Senat eine wichtige demokratische Bildungsinstitution zum Spielball parteipolitischer Interessen macht“, sagt GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch. Der SPD-Abgeordnete und frühere Fraktionschef in der Bürgerschaft, Holger Christier, kritisierte, dass Lange „durch ein fragwürdiges Verfahren Fakten schafft und die Landeszentrale nachhaltig beschädigt“. SPD-Landesgeschäftsführer Ties Rabe vermutet, Lange habe „in Personalpolitik Fortbildung bei seinem Kollegen Kusch gemacht“. Die ganze Angelegenheit nehme die SPD „mit Befremden“ auf.

Dem Wunsch von SPD und Grünen, die Entscheidung so lange auszusetzen, bis alle Vorwürfe geklärt sind, kamen die Rechts-Parteien jedoch nicht nach und zogen die geplante Wahl gestern durch.

Für den Bildungssenator selbst hat das ganze ohnehin überhaupt keinen Ruch. Rudolf Lange ließ nach der Deputationswahl lediglich erklären: „Wir freuen uns, mit Frau Bamberger-Stemmann eine ausgewiesene Expertin der Geschichte und Politik des Ostseeraums und der deutsch-polnischen Beziehungen für diese wichtige Position gewonnen zu haben.“ Die Landeszentrale werde ihre Arbeit in der Förderung außerschulischer politischer Bildung „unter der Führung von Frau Bamberger-Stemmann sicher erfolgreich verstärken“. Und sein Sprecher ist da eher für die Abteilung Attacke zuständig: Dass die SPD gegen die Wahl der FDP-Frau wettere, sei, so Luckow, allein eine Mischung aus „Beleidigtsein darüber, dass sich die Mehrheitsverhältnisse geändert haben und einem Mund-zu-voll-Nehmen“. PETER AHRENS