Grenzen benannt

Die Wanderausstellung „Crossing Borders“ im Museum der Arbeit meidet Klischees, bleibt aber unscharf

Es sind Hüte. Und auf den zweiten Blick auch Kopftücher in verschiedensten Farben. Hoch über die verschiedenen Bildausstellungsstücke der Wanderausstellung Crossing Borders im Museum der Arbeit gehängt, bilden sie ein zentrales Moment in deren Konzept. Wer sich nun eine Auseinandersetzung mit dem vermeintlichen Dauerbrenner Kopftuch erhofft, erfährt eine angenehme Enttäuschung. Der Rückgriff auf die Kopfbedeckung, schillernd in allen Farben und Formen, hat dafür leider andere Fehler. Denn dabei wird ein altes Klischee gut gemeinter Ausstellungskunst und somit unmittelbar auch Politikverständnis reproduziert. Alles, was an kulturellen Zuschreibungen hervorgeholt und aus einem nicht näher definierten eurozentrischen Blick heraus woanders als im eigenen Selbstverständnis verortet werden kann, findet sich da wahllos wieder. Oft ist dies Kleidung, Musik oder Essen. In diesem Fall sind es Kopfbedeckungen.

Die Botschaft der aus europäischen Geldern finanzierten und in sieben Städten zwischen Norrköping und Steyr zu sehenden Schau ist klar: Es gibt verschiedenste Kulturen, die sehen recht bunt aus und haben eine lange Geschichte in Europa. Dabei muss zugestanden werden, dass schon allein die Titelgebung des Gemeinschaftsprojekts recht progressiv ist. Grenzen zu thematisieren und dann in erster Linie Bilder aus migrantischem Alltag zu präsentieren verdeutlicht, wo eben jene Grenzen tatsächlich verlaufen. Dabei scheut sich das Gesamtkonzept aber, diese Alltäglichkeit der In- und Exklusion noch deutlicher hervorzuheben. Entsprechend sind nun auch keine deutlichen Verweise auf illegalisierte Migration – immerhin das Hauptmoment heutiger Migrationsumstände in Europa und auch Thema einer weiteren Ausstellung anderer MacherInnen im Kunstraum auf der Veddel – zu sehen. Der tatsächliche Grenzverlauf im Alltag lugt da nur allzu selten hervor. Soundcollagen in verschiedenen Sprachen unterlegt mit feiner Musik verdeutlichen, welches Ohr da tatsächlich in die Ausstellung wandert.

Die Definition jener die noch immer wandern, aber längst nicht ankommen, wird AusstellungsgängerInnen leicht gemacht. Da schafft es wenigstens die schon seit längerem im gleichen Haus zu sehende Ausstellung Geteilte Welten durch den Fokus auf die privaten Exponate, einen deutlich intimeren Blick auf Alltagswelten von MigrantInnen zu liefern. Der Ausstellungskatalog fragt: „Welche Richtung wird die Europäische Union einschlagen?“ Hier kommt zusammen, worum es bei solchen Ausstellungen genau genommen geht. Was ist europäisch, was nicht? Wer bereichert das feste und genau umrissene Fundament eines europäischen Pluralismus? Streikende, um ihre Rechte kämpfende und sich widersetzende MigrantInnen scheinen es zumindest in dieser Schau nicht zu sein. Jonas Berhe

Mo 13–21, Di–Sa 10–17, So 10–18 Uhr , Museum der Arbeit, Wiesendamm 3; bis 29.2.