Zwölf Jahre Kampf ums Wasser

Bremen streitet seit langem um den „Wasserpfennig“: 1992 verhinderte die FDP die Gebühr für Oberflächenwasser, 1998 die SPD. Seit ein CDU-Umweltsenator regiert, ist das Thema beschlussfähig

Bremen taz ■ Der Bremer Senat hat gestern beschlossen, ab dem 1. Juli 2004 für die industrielle Nutzung von „Oberflächenwasser“ eine Gebühr zu nehmen. Ab einer Menge von 10 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr aus Weser, Lesum oder Häfen, sowie ab einer Million Kubikmeter bei den übrigen Gewässern muss gezahlt werden, voraussichtlich zwischen 0,05 und 0,03 Euro pro Kubikmeter, je nachdem, wie viel entnommen wird. Betroffen sind vor allem die Kraftwerksbetreiber Eon und swb in Bremen, aber auch die Stahlwerke und die Bremer Lagerhausgesellschaft.

Damit geht eine lange Geschichte des Tauziehens zuende. Denn in Bremen war diese Gebühr, die in anderen Bundesländern schon seit längerem erhoben wird, immer wieder von den Lobbyisten der Industrie verhindert worden. Umweltsenator Jens Eckhoff (CDU) hat geschafft, woran seine Vorgänger in diesem Amt, Ralf Fücks (Grüne) und Christine Wischer (SPD) gescheitert waren. Seine Begründung ist dabei nicht nur ökologisch: „Es ist anderen Bundesländern nicht vermittelbar, dass das Sanierungsland Bremen auf Einnahmemöglichkeiten verzichtet, die andere Bundesländer längst erheben“, so Eckhoff. Deswegen sei die Einführung einer Oberflächenwasserentnahmegebühr „zwingend geboten“. Zudem könne so „zum sparsamen Umgang mit der Ressource Wasser beigetragen werden.“

Anfang der 90er Jahre, als der Grüne Ralf Fücks Umweltsenator war und Claus Jäger von der FDP im Wirtschaftsressort saß, war das Oberflächenwasser erstmals zum Thema der Senatspolitik geworden. Baden-Württemberg hatte gerade mit dem Wasserpfennig begonnen, Niedersachsen hatte die Oberflächenwasser-Gebühr eingeführt.

Seitdem argumentiert die Industrielobby gegen die Gebühr: „Wir sind die Hauptbetroffenen des Gesetzes“, hat Hinrich Volker, Geschäftsführer der Stadtwerke Bremen, 1992 erklärt. Rund 700 Millionen Kubikmeter Kühlwasser zapften die Kraftwerke im Jahr aus der Weser und leiteten sie wieder ein. „Wir haben keinen Ressourcenverbrauch, sondern einen Gebrauch“, sagte Volker damals. Es gebe „nur eine geringfügige Wärmebelastung“. Auch das Atomkraftwerk Esenshamm benutzt das Weserwasser zum Kühlen und muss seine Leistung regelmäßig reduzieren, wenn die Temperatur die für das Weserwasser gesetzten Grenzwerte überschreitet. Ein Problem, sagt der Wasser-Ökologe Michael Schirmer von der Uni Bremen: Die Wärmeeinleitungen führten zu einer „dramatischen Veränderung“ der biologischen Lebensgemeinschaften. Sprich: Im Winter hätten Fische schon Frühlingsgefühle, tropische und subtropische Arten fühlten sich in der Weser bereits heimisch.

Die damalige umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Elisabeth Hackstein meinte, es sei fatal, wenn bremische Betriebe durch eine kostenlose Nutzung von Oberflächenwasser finanziell besser gestellt würden als die niedersächsische Konkurrenz: „Gebühren sind dringen notwendig, damit auch Wirtschaftsvertreter den Wert von Wasser erkennen.“ Am Koalitionspartner FDP scheiterte damals der Vorstoß des Umweltsenators. 1998 unternahm das Umweltressort einen zweiten Vorstoß, damals war das Umweltressort in der Hand der SPD. Josef Hattig, der Koalitionspartner und CDU-Wirtschaftssenator, verhinderte einen Beschluss im Senat. Gegen die Abgabe hatten sich auch der Personalrat der Stadtwerke und die FDP ausgesprochen. Als CDU-Umweltsenator Jens Eckhoff im vergangenen Jahr das Thema wieder aufgriff, kamen prompt die alten Protestnoten wieder – neben der Handelskammer und den betroffenen Betrieben beschwerte sich auch die SWB-Betriebsgruppe der Gewerkschaft Verdi im Arbeitnehmerinteresse. Klaus Wolschner