Das Bummeln verlernen

Studienkonten heißt das Zauberwort, mit dem die große Koalition die Studienzeit begrenzen will. Unter diesem Namen firmieren aber auch Studiengebühren für Langzeitstudenten

taz ■ Was lange währt, wird endlich gut. Wenn es nach der Regierungskoalition aus SPD und CDU geht, gilt das nicht für‘s Studieren. Seit langem suchen die Bremer Parlamentarier nach einer Lösung, wie man „Bummelstudenten“ – oder neutraler: Langzeitstudenten – Beine macht. Ein erster Versuch – unter Studierenden „Abtreibungsvorschlag“ genannt, sah eine Zwangsberatung nach überzogenem Grund- oder Hauptstudium vor. Wenn alle Beratung nicht fruchtet, droht Zwangsexmatrikulation.

Gegen diese Idee votierten die Grünen und Studierende, endgültig scheiterte sie aber am Widerspruch der Rektorenkonferenz. Sie hielt es für viel zu aufwändig, ein „rechtlich unsicheres und hinsichtlich des beabsichtigten Effekts zweifelhaftes Verfahren“ einzuführen, so der Wortlaut eines Briefes an die Fraktionsvorsitzenden von SPD, CDU und Grünen.

Fortan war alles wieder offen. Die CDU brachte erneut ihren Lieblingsvorschlag, nämlich die Einführung von Studiengebühren ins Spiel. Wenn es nach ihr ginge, würden Studierende, die die Regelstudienzeit ohne triftigen Grund überschreiten, pro Semester 500 Euro Gebühr bezahlen. Wen wundert‘s: Baden Württemberg hat so inzwischen 43 Prozent weniger Langzeitstudenten erreicht.

Die Bremer SPD aber hatte in den Koalitionsvereinbarungen 1998 Studiengebühren kategorisch ausgeschlossen. Sie schloss sich daher der Forderung der Rektorenkonferenz nach Einführung so genannter Studienkonten an. „Ich finde dieses Modell sehr vernünftig“, sagt der Wissenschaftssprecher der SPD-Fraktion Mario Domann-Käse. Nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens könnten auch hier in Zukunft am Beginn eines Studiums jede Menge Bildungspunkte stehen.

Wer schnell studiert, behält Gutscheine über, die er nach vollbrachtem Studium in Weiterbildungsangebote umsetzen kann. Wer länger braucht, kommt mit den Punkten bis zu zehn Jahren aus. „Danach verfällt das Konto“, schildert Uni-Rektor Wilfried Müller das Verfahren in Nordrhein-Westfalen. Dann werden doch Gebühren fällig. Aber: „In einem klugen Modell“, so Domann-Käse, „werden Studierende das zu vermeiden wissen“.

Nachdem Anfang April das neue Bremer Hochschulgesetz in der Bürgerschaft verabschiedet wurde, ist genau dieser Punkt unklar. Wie soll das Modell genau aussehen? Zwar hat sich die CDU auf die Formel der Einführung von Studienkonten eingelassen. Das „Wie“ aber soll erneut Gegenstand der Koalitionsverabredungen sein – vorausgesetzt SPD und CDU koalieren nach der Wahl im Mai erneut. So ist offen, wie lange StudentInnen von den Bildungspunkten zehren darf. In NRW ist das die doppelte Regelstudienzeit, in der keine Gebühren anfallen, wenn das Studienkonto nicht mit zu vielen Veranstaltungen überzogen wird.

Während die SPD das Modell als Sicherung des gebührenfreien Erststudiums feiern, hören Studierende das Gras wachsen: Dass überhaupt Gebühren fällig werden können, sei, so die Befürchtung, der erste Schritt ins kostenpflichtige Studium.

Elke Heyduck