Pfiffig, peppig, plöd

Konkurrenz für Peter Lustig? In „Graslöwen-TV“ sollen Wohlstandsgören mit teuerstem Equipment das Umweltbewusstsein der jungen Zuschauer schärfen (samstags, jeweils 10.25 Uhr, Kinderkanal)

Müssen Kinder „pfiffig“ sein? Sind schnippische naseweise Gören das, was Sechs- bis Zehnjährige am Samstagvormittag sehen wollen? Es muss wohl so sein. Anders ließe sich nicht erklären, dass es die „Graslöwen“ gibt, und zwar gleich sieben Wochen lang.

Lasst uns doch mal was über Umweltschutz machen, wird man sich beim KiKa gesagt haben. Etwas Lebensweltliches, etwas Buntes, eine Serie, in der Kinder dolle „Umweltabenteuer“ erleben. Was ARD, ZDF und die Bundesstiftung Umwelt (DBU) unter derlei Pläsier verstehen, materialisiert sich in „Graslöwen-TV“: „eine gewitzte Kinderbande“ (Pressetext), die der Fantasie von Autorin Wiebke Jaspersen und Regisseur Jürgen Weber entsprungen ist. Diese, zwei Jungen und drei Mädchen, logieren in einem rosefarbenen Holzhäuschen im naturnahen Raum, verfügen über modernste Video- und Schnitttechnik, ein Labor, eine Hängematte und jede Menge Klugscheißerpotenzial.

Sozial im Nirgendwo verortet, gehen sie am Beispiel des Murmelbachs (diese Namen!) dem Geheimnis des nahen Klärwerks auf den Grund. Bei ihren Recherchen stoßen sie auf so wenig Widerstand, dass von Umweltabenteuer (was immer das bedeutet) nicht die Rede sein kann.

Die Anschlüsse sind verpatzt, die jungen Schauspieler gestikulieren wild zu ihrem Text, der Ton ist miserabel, und die Frage, wie das mit dem Klärwerk nun funktioniert, bleibt weitgehend unbeantwortet. Am meisten aber ärgern die überdrehte Requisite und das Kostümbild. Müssen „gewitzte Kinderbanden“ in Schockfarben rumlaufen, ihre Fahrradhelme fantasievoll von einer Kostümassistentin mit Federn bekleben lassen, wildromantische Flechtfrisuren tragen? Das sieht derart bemüht spacig aus (meine Mutter würde sagen: peppig), dass man meint, in einer SciFi-Serie gelandet zu sein. Das wäre wenigstens konsequent gewesen.

Der Kinderkanal plant, aus „Graslöwen-TV“ eine umweltpolitische Massenbewegung entstehen zu lassen. Nach Vorbild des Tigerenten-Clubs sollen Graslöwenclubs gegründet werden, auf der Homepage www. grasloewen.de wird Unterrichtsmaterial für Grundschüler angeboten. Ein Wettbewerb für Kinder soll die Ziele der Agenda 21, die das schwer fassbare Thema Nachhaltigkeit verfolgt, vermitteln. Die auf fünfeinhalb Jahre angelegte und mit über 6 Millionen Euro satt finanzierte Aktion wird von KiKa und der DBU getragen. Es besteht also Hoffnung, dass die „Graslöwen“-Serie nur als falsches Mittel für den eigentlich guten Zweck eingeordnet werden kann.

Muss gutes Erklärfernsehen neu erfunden werden? Nun, dass auf einer Streuobstwiese tatsächlich lehrreiche Umweltabenteuer über die Bühne gehen können, beweist seit Jahr und Tag ein gewisser Peter Lustig mit seiner Sendung „Löwenzahn“.

ANJA MAIER