Strittige Lenkungseffekte

Auch im schleswig-holsteinischen Landtag wird über Studiengebühren debattiert: Wird die erkämpfte soziale Öffnung der Hochschulen rückgängig gemacht – oder vielmehr ein Instrument zur Straffung von Lebensläufen geschaffen?

aus KielTimm Schröder

Es war kurz vor der Mittagspause, als gestern etwas Leben in den schleswig-holsteinischen Landtag kam. Bis dahin hatten sich die Abgeordneten mit Themen wie dem Raumordnungsbericht oder dem Bürokratieabbau im Lande beschäftigt. Um 11.30 Uhr aber trat dann der Bildungsexperte der FDP im Landtag, Ekkehard Klug, an das Rednerpult, um über das Streitthema des Tages zu reden: Studiengebühren.

Schon Anfang der Woche war die CDU-Landtagsfraktion mit ihrem Beitrag zur Debatte aufgefallen: Keine Studienkonten und keine finanzielle Bestrafung von Langzeitstudenten sollten es laut CDU-Bildungsexperte Jost de Jager sein, sondern Studiengebühren in Höhe von 500 Euro ab dem ersten Semester. Davon verspricht sich de Jager „Lenkungseffekte in Bezug auf die Studiendauer“. Will sagen: Wer von vornherein zur Kasse gebeten wird, der beeilt sich auch mit dem Studium.

In die gleiche Richtung geht der Vorschlag der FDP. Die Liberalen wollen, erläuterte Ekkehard Klug, zunächst einmal zwar „13 gebührenfreie Semester“, danach aber soll das Studium 500 Euro pro Semester kosten. Aber auch dem Vorschlag der CDU steht die FDP wohlwollend gegenüber – es ist zwar noch ein Jahr bis zur nächsten Wahl, aber die Liberalen stärken ihrem designierten Koalitionspartner schon mal den Rücken.

Allerdings nur, so Klug, wenn allgemeine Studiengebühren durch Darlehensangebote an die Studenten „abgefedert“ werden. Für den Aufbau des dazu notwendigen Darlehensfonds, sagte der Bildungsexperte, würde ein Bruchteil der Goldreserven der Bundesbank (36,5 Milliarden Euro) ausreichen.

Hart ins Gericht ging Klug mit dem Studienkontenmodell der Landesregierung. „Das ist die Toll-Collect-Version der Studiengebühren“, meinte der Liberale, der einen „viel zu hohen Verwaltungsaufwand“ fürchtet. Und auch die CDU verurteilte das Kontenmodell als „überflüssige Bildungsbürokratie“. Stattdessen sollen, so deren Experte Jost de Jager, generelle Gebühren zur „Verkürzung und Straffung“ des Studiums beitragen.

Die aber sind, das deuteten schon die Zwischenrufe während der Rede Klugs an, weder mit den Sozialdemokraten noch mit den Grünen zu machen. „Mit Gebühren würden wir die soziale Öffnung der Universitäten rückgängig machen“, so der hochschulpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Jürgen Weber. Er machte klar, dass die SPD am „gebührenfreien Erststudium“ festhält. Und auch die Forderung der FDP nach Gebühren für Langzeitstudenten erteilte Weber eine Absage: „Das bestraft diejenigen, die aufgrund familiärer oder wirtschaftlicher Umstände nur in Teilzeit studieren können.“ Deshalb bleibe die SPD weiterhin bei den Studienkonten.

Diese allerdings sind, gab Bildungsministerin Ute Erdsieck-Rave zu, „schwierig umzusetzen und erfordern großen Verwaltungsaufwand“. Deshalb überlegt man im Kieler Bildungsministerium nun auch, wie und ob das Studium besser organisiert werden kann, um eine „höhere Studenten- und Absolventenquote“ zu erreichen. Dann geht es vielleicht auch ganz ohne Gebühren, Konten und Langzeitstudenten.