Gutes Team, das nicht gut spielt

Football: Nach der dritten Niederlage im dritten Spiel der NFL Europe beschwört Berlin Thunders General Manager Michael Lang historische Parallelen: „Wir sind jetzt bereit“

Die Saison mag noch jung sein, die Sorgen aber sind alt. Ganz alt. Ein Jahr, um genau zu sein. 21:41 verlor Berlin Thunder am Samstag bei der Galaxy in Frankfurt. Es war die dritte Niederlage im dritten Spiel der NFL Europe.

Ein Start in die Spielzeit, wie er schlechter nicht hätte ausfallen können. Ein Start, wie man ihn schon aus der vergangenen Spielzeit kennt. Ein Start aber auch, der, so absurd das klingen mag, Hoffnung gibt: Schließlich erreichte Thunder trotz verpatztem Beginn den World Bowl 2002, das Endspiel der NFL Europe, und gewann sogar den Titel.

Logisch, dass man sich dieser Tage gern zurückerinnert an das alte Jahr. Und hofft, dass die Parallelen nicht nach dem dritten Spieltag enden mögen. Trotz der Auftaktniederlagen habe man noch „alle Chancen“, meint Trainer Peter Vaas tapfer, den World Bowl ein drittes Mal in Folge zu erreichen: „Warum? Weil wir es auch im vergangenen Jahr geschafft haben.“ Um das Unternehmen Titelverteidigung wieder in die Spur zu bekommen, werde man erst einmal „die Fehler analysieren“.

Davon gab es reichlich: Vor allem im ersten Viertel schienen die Berliner gar nicht im Waldstadion anwesend zu sein. 35:0 führten die Frankfurter nach nur 15 Minuten Spielzeit und Galaxy-Chefcoach Doug Graber hatte „das erstaunlichste Viertel meiner ganzen Karriere gesehen“.

Erstaunlich war auch, wie Thunder ein längst verlorenes Spiel beinahe noch einmal interessant gemacht hätte. Während Tabellenführer Frankfurt im Gefühl des Sieges zurückschaltete, ließ die in der bisherigen Saison von Verletzungspech geplagte und arg löchrige Berliner Verteidigung nur mehr zwei Fieldgoals zu. Und auch der Angriff kam in Schwung. Die Aufholjagd wurde zwar niemals richtig bedrohlich für den Gegner, lässt aber die Verantwortlichen auf Besserung hoffen. „Die Mannschaft hat sich in dieser zweiten Halbzeit gefunden“, glaubt Manager Michael Lang, „wir sind jetzt bereit, zu Hause zu gewinnen.“

Er muss das sagen, schließlich hat er ein Olympiastadion zu füllen. Kommenden Sonntag kommen die Scottish Claymores nach Berlin, in der Woche darauf die Amsterdam Admirals. Sollten zwei Siege herausspringen, wäre tatsächlich wieder alles möglich in einer Liga, deren einzige verlässliche Konstante in den vergangenen Jahren die Unzuverlässigkeit war: Stets konnte jeder jeden schlagen.

Bis es wieder so weit ist, muss sich Lang damit trösten, dass zumindest der Umzug vom heimeligen Jahn-Sportpark ins weitläufige Olympiastadion bislang ein Erfolg zu sein scheint. Zum ersten Heimtermin in neuer Spielstätte fanden sich vor zwei Wochen 16.312 Zahlungswillige ein, einige tausend über dem offiziell avisierten Schnitt. Man sei „definitiv im Plan“, lässt Lang verlauten, und „sehr, sehr zufrieden“. Schließlich hatte man vor der Saison einen Schnitt von 12.000 bereits als „großen Schritt nach vorn“ definiert.

Insgeheim aber macht man sich natürlich Hoffnungen, demnächst womöglich an die Zuschauerzahlen der beiden anderen deutschen Dependancen der NFL Europe heran zu reichen. Auch beim Branchenprimus Galaxy ließen sich am Samstag nur knapp 23.000 im Waldstadion blicken.

Im und um das Olympiastadion herum wird wie vom Football gewohnt bereits einiges geboten. Nun muss nur noch das Produkt auf dem Rasen entscheidend verbessert werden. Der dafür zuständige Coach Vaas übt sich in Dialektik und zeigt sich weiter fest überzeugt „ein gutes Team“ zu haben, das bislang nur „noch nicht gut gespielt“ hat. Die Mannschaft muss also mitspielen. Oder die Gegner. „Es soll mir recht sein“, spekuliert Manager Lang, „wenn einige Teams uns jetzt vielleicht unterschätzen.“ Bleibt nur zu hoffen, dass der Rest der Liga nicht am Studium historischer Parallelen interessiert ist. THOMAS WINKLER