Blaue Briefe aus Brüssel

Bremen verstößt als einziges westdeutsches Bundesland gegen die Stabilitäts-Kriterien des Maastricht-Vertrages. Eichel: Die Länder müssen ihre Haushaltsdefizite reduzieren. Das Maut-Desaster reißt neue Löcher in den Bundeshaushalt

Die Schulden Bremens stiegen trotz der Sanierungshilfe, die des Saarlandes fielen

Bremen/Berlin taz ■ Das Finanzierungsdefizit der Bundesländer hat im vergangenen Jahr mit insgesamt 31,8 Milliarden Euro den höchsten Stand seit der deutschen Einheit erreicht. Dies geht aus vorläufigen Berechnungen des Bundesfinanzministeriums hervor. Vier Länder haben demnach sogar die Maastrichter Defizit-Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschritten: Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Sachsen-Anhalt. Wären diese Bundesländer selbstständige Mitglieder der Euro-Zone, hätten deren Finanzminister einen blauen Brief aus Brüssel bekommen müssen.

Demgegenüber standen die drei Südländer Baden-Württemberg, Bayern und Hessen sowie der wachstumsstarke Freistaat Sachsen im Vorjahr mit Defizitquoten zwischen 0,7 bis 0,9 Prozent vergleichweise gut da.

In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen hat der Senat jetzt mitgeteilt, wie der Schuldenstand Bremens sich im Vergleich zu anderen Ländern seit Beginn der Sanierungshilfen entwickelt hat. Pro Kopf lag der Schuldenstand Bremens 1994 bei 13.041 Euro (Berlin 5291 Euro, Hamburg 7.955 Euro, Saarland 8.021 Euro). Während die Schulden des Saarlandes in den letzten Jahren dank der Sanierungshilfe leicht auf 7.839 Euro sanken, stieg der Bremer Schuldenstand auf 14.499 Euro pro Kopf. Berlin liegt heute mit Bremen gleichauf, Hamburg bei 11.300 Euro pro Kopf. In absoluten Zahlen betrug die Summe der Bremer Staatsschuld Ende 2003 insgesamt 10,5 Milliarden Euro.

Die Möglichkeiten des Bundes, den Ländern bei der Erfüllung der Maastricht-Kriterien zu helfen, sind gering. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) forderte von den Ländern verstärkte Konsolidierungsbemühungen. „In den nächsten Jahren wird es unerlässlich sein, bei sich verbessernder Konjunkturlage den Ausgabenanstieg weiterhin eng zu begrenzen, um die Haushaltsdefizite wieder auf ein dauerhaft finanzierbares Maß zurückzuführen“, heißt es aus dem Ministerium. Die Folgen des Maut-Desaster haben die Lage weiter verschlechtert. Allein im Bundeshaushalt 2004 fehlen 2,1 Milliarden Euro, 2005 fehlen weitere Milliarden. „Eine Kreditfinanzierung, auf welchem Wege auch immer, ist angesichts eines bereits jetzt verfassungswidrigen Haushaltes nicht verantwortbar“, hat der CDU-Finanzpolitiker Dietrich Austermann (MdB) erklärt. Die vom Verkehrsminister ins Spiel gebrachten Überlegungen zu einer Kreditaufnahme durch die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft sind nur der Versuch, die Erhöhung der Neuverschuldung des Bundes über einen weiteren Schattenhaushalt zu verschleiern. kawe