Showdown gefährdet Friedensplan

Drama um palästinensische Regierungsbildung spitzt sich zu: Abu Masen will Posten des Premiers hinschmeißen, sollte Präsident Arafat an seiner Blockadepolitik festhalten. Dann aber wäre der gewünschte Nahost-Friedensplan der USA hinfällig

aus Jerusalem ANNE PONGER

Über das Wochenende haben sich die USA, Europa sowie arabische Führer erfolglos bemüht, Palästinenserpräsident Jasser Arafat und den designierten Premier Machmud Abbas (Abu Masen) zu einem Kompromiss zu bewegen, der die zeitgerechte Vorstellung einer neuen Regierung gewährleistet. Abu Masens Galgenfrist läuft Mittwochabend ab. Die USA wollen ihren mit der EU, Russland und der UNO entwickelten Friedensplan für den Nahen Osten erst veröffentlichen, wenn Abu Masen sein Kabinett vereidigt hat.

Dies scheint angesichts der Blockadepolitik Arafats immer unwahrscheinlicher. Abu Masen wiederholte sein Ultimatum, er werde den Posten des Premiers nicht übernehmen, sollte Arafat ihm Bedingungen aufzwingen. Arafat hielt indes an seiner Ablehnung fest, den ehemaligen Geheimdienstchef von Gaza, Mohammed Dahlan, als für Sicherheit verantwortlichen Staatsminister zu akzeptieren. Überdies will er seinen Loyalisten Hani al-Hassan weiter als Innenminister sehen.

Dahlan bot inzwischen an, freiwillig aus Abu Masens Kabinettsliste auszuscheiden, um die pünktliche Regierungsbildung nicht zu torpedieren. Für Abu Masen indes ist die Person Dahlans zum Testfall geworden, sowohl für seine Unabhängigkeit von Arafat als auch für seine Möglichkeit, dem bewaffneten Kampf ein Ende zu setzen.

Ursprünglich hatte das palästinensische Parlament beschlossen, die Macht von Arafat dramatisch zu reduzieren. Die Kabinettsliste des zum Premierkandidaten ernannten Abu Masen enthielt denn auch nur noch zwei Minister aus Arafats alter Regierung. Die neuen Leute, die Abu Masen in Schlüsselpositionen sehen will, streben sowohl eine Einstellung der bewaffneten Intifada als auch Gesetz und Ordnung im korrupten Verwaltungs-und Finanzsystem an. Der Palästinenserpräsident hingegen wehrt sich mit letzter Kraft gegen ein Ende der „Ära Arafat“.

Die Kluft zwischen der alten Garde und den Reformkräften hat sich darüber gefährlich vertieft. Künftige Zusammenarbeit zwischen Arafat und Abu Masen wird von palästinensischen Politikern angezweifelt, selbst wenn es in letzter Stunde zu einem Kompromiss käme. „Arafat bleibt ein Symbol für das palästinensische Volk“, warnte Finanzminister Salaam Fayyad. Einerseits wird befürchtet, dass der von Präsident Bush und Scharon favorisierte Abu Masen zur amerikanisch-israelischen Schachfigur wird. Andererseits hoffen die Palästinenser inständig auf den Beginn eines Verhandlungsprozesses. Würde Abu Masen das Handtuch werfen, wären palästinensische Reformchancen auf Eis gelegt und ein Friedensprozess erneut verschoben.